Wie man ein Warenhaus zukunftsfähig bekommt
Der Signa-Konzern ist insolvent und »Galeria Karstadt Kaufhof« mit ihm. Kann die Insolvenz zum Befreiungsschlag für den Warenhausbereich werden, wie sein neuer Chef van den Bossche meint? Und wie soll es am Hermannplatz weitergehen?
Signa ist am Hermannplatz dreifach involviert: als Grundstückseigentümer und Vermieter, beim Warenhausbetrieb sowie als Projektentwickler für ein Hochhaus. Der Senat hat den Bebauungsplan – und damit den Abriss – vorerst gestoppt. Laut Presseerklärung will man »nachhaltige Lösungen für die Kaufhaus-Standorte« und an einer »zügigen Entwicklung der Immobilienprojekte« festhalten. Für Investorenprojekte sollen demnach neue Investoren gesucht werden.
In der Branche heißt es, dass die Warenhäuser nach hohen Verlusten durch die vorangegangenen insolvenzbedingten Sanierungen inzwischen ein positives Geschäftsergebnis erwarten. Um die verbliebenen Filialen zu halten, müsse aber zunächst statt der überhöhten – meist an eine Signa-Gesellschaft selbst gezahlten – die marktübliche Standortmiete durchgesetzt werden. Am Hermannplatz sind dies aktuell rund sieben Prozent des Umsatzes, wobei drei Prozent als komfortabel gelten.
Zur Standortertüchtigung am Hermannplatz gehören die notwendigen Investitionen für bauliche Maßnahmen im Bestandsgebäude wie Modernisierung der Technik sowie Renovierung des Supermarktes bei laufendem Betrieb. Erforderlich sind Sortimentsanpassungen an die Käuferschaft des Standortes und ein ausgedünntes Präsenzangebot bei verstärktem Hinweis auf eine reiche Online-Auswahl. Zur Risikoreduzierung steht eine Weiterentwicklung des Shop-in-Shop-Konzeptes an. Das Erdgeschoss muß deutlich belebt werden und eine höhere Erlebnisqualität auch für jüngere Kunden bieten. Es braucht neben einer attraktiven Schaufenstergestaltung samt Schaufensterpuppen eine deutliche Öffnung zum Hermannplatz, der von Senatsseite überarbeitet werden wird. Wichtig ist die Priorisierung der U-Bahn-Baustelle durch die BVG einschließlich Öffnung und Pflege der Direktzugänge zum Kaufhaus. Die Wiederinbetriebnahme des Fahrstuhles vom Haus zum U-Bahnhof erscheint als erster Schritt.
Das alles muss schnell gehen und ineinander greifen, sonst kann es nicht funktionieren.
Und wenn das Geschäftsmodell Warenhaus doch nicht zukunftsfähig ist? In Mittelstädten haben Kommunen schon Nachnutzungen realisiert. Die Objekte waren allerdings kleiner und die Lagen weniger prominent.
Die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg fordert deshalb Grundsätzliches: Einstellung des Bebauungsplanes, um Grundstückspekulation zu verhindern, Verantwortung und Planungshoheit wieder beim betroffenen Bezirk sowie Prüfung diverser Optionen mittels Masterplan – von Warenhaus über Einzelhandelsstandort bis zur gemeinwohlorientierten Grundstücksentwicklung bei Mischnutzung. (Drucksache 0999/VI).
Marlis Fuhrmann