Umstrittene Straßennamen

Peter Rosegger – Bauernbub und Bestsellerautor

Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. 18 davon befinden sich in Neukölln. Die Kiez und Kneipe stellt die Namensgeber vor.
Die Roseggerstraße verläuft zwischen der Do­naustraße und dem Weigandufer. Benannt ist sie nach dem Dichter Peter Rosegger.
Geboren wurde der Schriftsteller am 31. Juli 1843 in Alpl in der Steiermark als Sohn einer Bergbauernfamilie. Der Junge in seiner Erzählung »Als ich noch der Waldbauernbub war«, in der Peter Rosegger 1902 seine eigene Kindheit wieder aufleben ließ, wird zu seiner wohl berühmtesten Figur.
Die Industrialisierung, der damit einhergehende Zerfall ländlicher Strukturen und der Zug in die Städte oder technische Entwicklungen wie die Eisenbahn, prägen seine Lebenszeit und befeuern seine Literatur.
Seine Romane und Erzählungen, die stark von Adalbert Stifter oder Ludwig Anzengrubers Stil beeinflusst waren, thematisieren häufig die Unterschiede zwischen städtischer und ländlicher Lebenswelt. Während Roseggers frühe Schriften von Distanzierungsversuchen von seinem Herkunftsmilieu und mit Liberalismus liebäugelnden Tendenzen geprägt waren, verklärte er später das bäuerliche Landleben tendenziell romantisierend, stellte den städtischen Gegenpart oft als dämonisch dar. Wie sein Freund Ludwig Anzengruber wandte er sich gegen die Kirche und deren Sexualmoral, gegen den Materialismus, die Ausbeutung der Natur, die kapitalistische Geldvergötzung, gegen den Militarismus und die Willkür der Obrigkeit wie der Grundherren.
Peter Roseggers Beziehung zum Jüdischen kann als ambivalent bezeichnet werden. Er betonte, dass er ein Antisemit sei. So kritisierte er die vermeintlich beherrschende Stellung der Juden im Wirtschafts- und Geistesleben und äußerte ein gewisses Verständnis für antisemitische Strömungen, verurteilte jedoch deren Auftreten. Sein Antisemitismus beziehe sich nicht auf konkrete Menschen, sondern auf das »jüdische Laster«.
Dass das aber für ihn nicht mit rassenantisemitischem Verhalten vereinbar sei, machte Rosegger in einem Brief an seinen Freund, den Musikwissenschaftler Friedrich von Hausegger deutlich: »Ich lasse den Antisemitismus gelten aus politischen Gründen, aus Notwehr, aus Leidenschaft; bäumt sich doch auch meine eigene Natur auf gegen jüdisches Wesen – aber ein sittliches Ideal darf man nicht machen aus solchem Antisemitismus. Aus Menschenliebe, aus Christentum die Juden zu verfolgen, das ist eine ganz niedrige Heuchelei, die heute von den Massen geübt wird.«
Sassmannhausen empfiehlt weitere Recherche und Kontextualisierung.

mr