Umstrittene Straßennamen

Michael Bohnen – Opern- und Leinwandstar

Der Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen hat ein Dossier erstellt, in dem er Straßennamen mit antisemitischem Bezug in den Blick nimmt. 18 davon befinden sich in Neukölln. Die Kiez und Kneipe stellt die Namensgeber vor.
Der Michael-Bohnen-Ring verläuft als Ringstraße von der Sonnenallee durch die High-Deck-Siedlung. Der Namensgeber ist ein deutscher Opernsänger und Schauspieler.
Michael Bohnen erblickte am 2. Mai 1887 in Köln das Licht der Welt. Schon als Schüler fiel er durch seine wunderschöne Stimme auf, und so entschied er sich für eine Laufbahn als Sänger. Nach Abschluss der Ausbildung zum Bass-Bariton gab Bohnen am 13. Oktober 1910 sein Bühnendebüt am »Stadttheater Düsseldorf«. 1914 gelang ihm der Durchbruch zum gefeierten Opernstar. Bereits 1913 wurde ihm von Kaiser Wilhelm II. als jüngstem Sänger der Titel »Königlich preußischer Hofopernkammersänger« verliehen.
1922/23 folgte er einem Ruf an die »Metropolitan Opera« in New York wo er bis 1933 regelmäßig auftrat. Während dieser Zeit machte er im Rahmen von Gastspielen auch an anderen Opernhäusern in halb Europa Furore.
Im Frühsommer 1933 floh der als »Sympathisant der jüdischen Rasse« unter Verdacht stehende Bohnen vor den Nazis nach Argentinien, kehrte Ende 1933 aber nach Berlin zurück. Das Heimweh war stärker.
Seit 1919 widmete sich Bohnen auch dem Film. Durch seine Auftritte in zahlreichen Stummfilmen, später auch in Dutzenden Tonfilmen avancierte er bald zu einem beliebten Leinwandstar, der mit seiner machtvollen Stimme vor allem in musikalischen Komödien- und Operettenverfilmungen glänzte.
Bohnen wirkte aber auch in NS-Propagandafilmen mit, wie in dem Krimi »Achtung! Feind hört mit!« und in dem antisemitischen und antibritischen Propagandastreifen »Die Rothschilds«. Nach seiner Weigerung, in weiteren Propagandafilmen mitzuspielen, soll sein Sohn als Frontpriester eingezogen worden sein, um nach eigenen Aussagen Druck auf den Opernstar auszuüben.
Nach dem Krieg kostete ihn die Falschaussage seines Schülers Hans Beirer im Zuge der Entnazifizierung seine Stelle als Intendant der Deutschen Oper Berlin.
Allmählich rehabilitiert, trat er ab 1950 an der »Deutschen Oper Berlin« auf, wo er 1951 seine Karriere beendete. Ver­armt und zurückgezogen starb Michael Bohnen am 26. April 1965 an Herzversagen.
Es ist unklar, ob Bohnen mit dem NS-Regime sympathisierte oder nicht. Er selbst gab an, zur Mitwirkung bei den Filmen gezwungen worden zu sein. Sassmannshausen empfiehlt weitere Forschung und Kontextualisierung.

mr