Zum Tod von Eva-Marie Schoenthal

Das Soziale und die Demokratie prägten ihre politische Arbeit

Ein großes sozialdemokratisches Herz hat in der Nacht zum 16. Mai 2023 aufgehört zu schlagen. Eva-Marie Schoen­thal verstarb im Alter von 92 Jahren.

Eva-Marie Schoenthal beim Heimatverein Rudow.      Foto: Stephanus Parmann

Bis 2021 war sie aktives Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Neukölln. Bei ihrem Ausscheiden als Bezirksverordnete nach 36 Jahren gab sie allen mit auf den Weg: »Unsere Demokratie ist verletzlich und nicht selbstverständlich. Wir müssen stetig dafür kämpfen, dass sie stark gegen Angriffe von außen und von innen bleibt.«
Sie wirkte als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, im Ältestenrat und im Geschäftsordnungsausschuss, sowie im Bereich Gesundheit und Umwelt. Im Mittelpunkt stand für sie stets der Sozialausschuss, dessen Vorsitz sie bis zum Abschied aus der BVV innehatte. Sie engagierte sich sehr praktisch für die Menschen. Deswegen war sie stets im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, hörte sich ihre Probleme und Anregungen an, die Eva-Marie Schoenthal oft als Anträge in die BVV einbrachte, um Lösungen herbeizuführen.
Offenheit war ihre Grundeinstellung. »Es hat doch keinen Sinn, Menschen irgendetwas zu versprechen, wenn man weiß, dass dafür kein Geld in der Kasse ist.« Die Auseinandersetzung darum, wie Lösungen möglich und Mittel besorgt werden können, scheute sie nicht.
Eva-Marie Schoenthal trat 1968 in die von Willy Brandt geprägte SPD ein, um an der gesellschaftlichen Veränderung mitzuwirken. Ihr Großvater war Sozialdemokrat zu Zeiten des Hitlerfaschismus. Ihr im Juli 2002 verstorbener Ehemann, der SPD Politiker Hans Ludwig Schoen­thal, war als so genannter Halbjude Opfer der »Nürnberger Rassegesetze«. Er wurde 1944 von der »Organisation Todt« zwangsrekrutiert und zur Zwangsarbeit in Frankreich verpflichtet. »Vernichtung durch Arbeit« war das Ziel der »Organisation Todt«. Ihr Mann hatte Glück im Unglück und überlebte. Die schlimme Erfahrung des Krieges und des Faschismus haben bis zu ihrem Tode ihr Engagement für die soziale Demokratie und gegen den Terror der Nazis geprägt. Obwohl gehbehindert, ließ sie es sich beispielsweise nicht nehmen, im Juni 2019 mit Gehhilfen zu »Musik für Respekt und Vielfalt« zu kommen, einem Musikfest im Rahmen des Festivals »Offenes Neukölln«, das die Gruppe »Rudow empört sich« veranstaltete, um auf rechtsradikalen Terror in Rudow und Neukölln aufmerksam zu machen.
Aber auch bei eher fröhlichen Veranstaltungen wie dem Rudower Hähnewettkrähen tauchte sie auf. Nur wenige Tage vor ihrem Tod plauderte sie dort gutgelaunt mit den Besuchern.
Eva-Marie Schoenthal war ein sozialdemokratisches Urgestein.
th