Vom Jagdrevier zur Volksoase
Wer in die Hasenheide geht, verbindet damit neben abgeschabten Rasenflächen und geschädigten Bäumen meist auch Hasenschänke, Freilichtbühne, Kinderbereiche sowie den Drogenhandel. Ein Projekt zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimastress und Nutzungsdruck soll nun die aktuellen Ansprüche zusammenführen.
Die Hasenheide hat schon einiges hinter sich. Sie war kurfürstliches Jagdgebiet, militärisches Übungsgelände, sah nationalbewegte Turner, und am Rand war immer Rummel. Sukzessive wurden Waldwege zu Promenaden, Sandblößen bepflanzt, Schießbahnen aufgehoben und Teilbereiche parkartig eingerichtet.
Seit den 30er Jahren ist die Hasenheide ein großer Volkspark. Anlässlich der Olympiade 1936 entstand ein erster Gesamtplan unter dem Berliner Stadtgartendirektor Pertl. Schwerpunkt war die Neuinszenierung des Jahndenkmals samt Aufmarschwiese. Der Neuköllner Bezirkskollege Pöthig konnte die Finanzierung des Wegesystems für den ganzen Park durchsetzen. Neben einem realisierten Kinderspielplatz waren auch Plansche, Teich und Restaurant vorgesehen. Das stoppte der Krieg.
Jetzt soll die Hasenheide »klimaresilient«, also widerstandsfähig gegen Dürre werden. Der Weg dahin – die angestrebte Verbesserung der Speicher- und Durchwurzelungsfähigkeit des Bodens – klingt vernünftig. Das wird aber nicht einfach. Der geschädigte Altbestand soll durch Bodenauftrag, aber weitgehend ohne Bewässerung überleben und die vorgesehenen Neupflanzungen wohl auch. Bis – hoffentlich –die vorgesehenen Einleitungen von Sommerbad und kleinen Anliegern realisiert werden, wird es dauern. Ohne funktionierende Wasserzufuhr kann man kaum auskommen, zum Beispiel in den intensiv gestalteten Partien.
Nach dem Krieg entstanden aus Trümmerschutt die »Rixdorfer Höhe« und als Herz des Volksparks die Freilichtbühne und 20.000 Quadratmeter Sondergärten. Verantwortlich für den Detailentwurf war Helmut Bournot, der seine Karriere beim Neuköllner Gartenamt begann (Rudower Höhe, Gropiusstadt, dann Hansaviertel) und später Entwurf in Berlin und der Schweiz unterrichtete.
Bournot entwickelte unter Alteichen eine von der märkischen Heide inspirierte Partie samt Rhododendronpflanzungen und Farnschlucht. Das Ganze wurde belebt mit Quellbach und Teich. Massive Steinstufen zeichneten die eine Alteiche aus. Eine andere erhielt Rundbank und Aussichtsplatz. Die inzwischen zugewachsene Sicht ging über eine Heidelandschaft mit Wacholdern und Heidschnuckenskulpturen.
Fast alles ist noch vorhanden und als Bestand wertvoll und erhaltenswert. Die ursprüngliche Bepflanzung mit einheimischen und fremden Arten dokumentieren seitenlange Pflanzlisten. Klimaresiliente Arten zur Ergänzung werden dabei sein. Bach und Teich wären zu sanieren und dürfen nicht vollständig austrocknen. Und die fehlenden Bänke der Farnschlucht haben trotz Drogenhandels ihre Berechtigung – der Zaun leider auch.
Im aktuellen Gutachten der Gruppe F wird vorgeschlagen, sich noch einmal gesondert mit dem Rhododendronhain auseinanderzusetzen. Vielleicht durch den sachverständigen Rainer Stürmer?
Wir sollen gut mit Bournot umgehen. Modische Kräuterhochbeete müssen hier nicht sein.
Marlis Fuhrmann