Ein Stolperstein für Leo Jogiches
»Leo Jogiches hat stets Pseudonyme verwendet, manchmal auch mehrere zugleich. Er war der organisatorische Kopf der »Spartakusgruppe«, der auch Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Paul Levi angehörten. In der Nacht vom 9. zum 10. März 1919, während der andauernden Kämpfe der Novemberrevolution, war er in seinem Neuköllner Quartier in der Schwarzastraße 9 verhaftet worden. Jogiches war der erste politische Häftling, der in einer Haftanstalt der Weimarer Republik ermordet wurde: Hinterrücks, mit einem Schuss in den Kopf, im Untersuchungsgefängnis in Berlin-Moabit, auf dem Weg zur Vernehmung«, so der Experte Jörn Schütrupp.
Neukölln bildete bereits während des Ersten Weltkrieges ein linkes sozialdemokratisches Zentrum für den Widerstand mit dem Ziel, das Kriegsgemetzel zu beenden und eine sozialistische Zukunft zu beginnen. Jogiches und Luxemburg kannten sich bereits aus der illegalen Arbeit im damaligen Polen. Sie gründeten in der Schweiz die verbotene »Sozialdemokratie des Königreiches Polen«. Leo Jogiches erwies sich bereits hier als brillanter Organisator einer illegalen Arbeit, die schließlich der »Spartakusgruppe« im deutschen Kaiserreich zu Gute kam und ihr beschränkte Aktionsfähigkeit im Rahmen der SPD und USPD verlieh, bevor nach dem Sturz des Kaiserreiches unter anderen Jogiches, Luxemburg, Liebknecht, Levi und Zetkin die KPD gründeten.
»Jogiches war nicht nur der langjährige Lebenspartner von Rosa Luxemburg, er war in den ersten Jahren ihrer Beziehung auch ihr Mentor und blieb zeitlebens einer ihrer engsten Vertrauten. Es ist nicht übertrieben zu sagen: Ohne den stets im Hintergrund wirkenden Jogiches keine Rosa Luxemburg,« so Jörn Schütrupp.
Claudia von Gélieu und die »Koordinationsgruppe 1918 – Die unvollendete Revolution« möchten nun erreichen, dass in der Schwarzastraße 9, wo Leo Jogiches einst wohnte, eine Gedenktafel installiert wird.
Aus diesem Anlass haben sie zum 10. November eine Veranstaltung im »Heimathafen« organisiert. Sie erinnert an einen herausragenden Revolutionär. Vorträge zu Leo Jogiches politischer Bedeutung für die Neuköllner Sozialdemokratie und zu seiner Biografie halten Ottokar Luban und Jörn Schütrupp, zwei ausgewiesene Experten für die Geschichte der Arbeiterbewegung und der Kommunistischen Partei und ihrer führenden und zeitweise vergessenen Vorkämpferinnen und Vorkämpfer.
th
10. November 2022, 19.00 Uhr, Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Straße 141