Kultiges Rollerfahren

»Vespalinge Berlin« lieben Blech und gute Chemie

Auch im Nachkriegsitalien stand die Wirtschaft vor großen Problemen. Der Flugzeugbauer Enrico Piaggio hoffte, mit dem Bau eines einfachen und billigen Kleinkraft­rads schnell seinem Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen. Die Ur-Vespa (Vespa, lat. Wespe) wurde 1946 von ihm konzipiert, aber erst sein Mitarbeiter Corradino D’Ascanio entwickelte daraus einen erschwinglichen Roller, der rasch zu einem kultigen Fortbewegungsmittel avancierte.

Kultrollerling.    Foto: rr

Die Vespa umweht bis heute der Hauch des Besonderen. So wundert es nicht, dass dieser praktische wie elegante Roller auch weltweit eine treue Fangemeinde fand, die sich sehr früh auch in eigenen Clubs organisierte.
Der familiäre Club »Vespalinge Berlin« wurde 1991 in Berlin gegründet. Damals verließen vier »Unzufriedene« die für sie als etwas zu unpersönlich empfundenen ADAC nahen »Berliner Vespen«, um einen eigen, mehr freundschaftlich geprägten Club zu gründen. Die inzwischen rund 25 Mitglieder fahren sowohl alte, liebevoll gepflegte »Blech-Vespen«, wie auch moderne Scooter mit Automatikgetriebe. Ihr Clubbild prägt natürlich vorrangig die Freude am gemeinsamen ­Vespafahren, aber darüberhinaus auch, dass zwischen allen die Chemie stimmt.
In der Britzer Hufeisensiedlung wohnt ihr erster Vorsitzender Julian, der erst 2004 mit dem Vespafahren anfing. Der Schatzmeister Ollie ist nicht bloß Vespa­fahrer, sondern auch Vespa­-Sammler und dazu ein sehr ambitionierter Amateurschrauber. Seine kleine Werkstatt in Rudow bietet ihm die Möglichkeit, dort auch seine Schätze unterzustellen und gleichzeitig seiner Schrauberleidenschaft nachzugehen. Natürlich profitieren alle auch von seiner langen Erfahrung. Annette, die Rechnungsprüferin, fuhr schon in den 80ern eine PX80, kam aber erst nach 20 Jahren Rollerpause wieder auf den Geschmack. Nun lenkt sie bereits ihre zweite GTS300.
Aufnahmerituale kennen die »Vespalinge« nicht. So sind alle Club­abende immer offen für Gäste. Interessierte dürfen mit aus- oder auch zu Treffen fahren. Wenn irgendwann dann alle meinen, dass die oder der dazu passen, ist auch eine Mitgliedschaft möglich. Damit kommen die Vespalinge seit ihrer Clubgründung gut zurecht, weil die Mitglieder irgendwie auch Freunde wurden und gern auch sonst ihre Freizeit miteinander verbringen.

rr
Mehr unter www.vespalinge.de