Der Bezirk entscheidet

Abstimmungen zu Demos, Rekommunalisierung, Straßenbahnen und Fairtrade

Große Geschütze fuhr die Fraktion der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 25. Mai auf. In einer Entschließung forderte sie die Verurteilung der Verbote von fünf Palästina-Demonstrationen in Kreuzberg, Neukölln und Mitte anlässlich des Nakba-Tages am 15. Mai. Carla Aßmann verglich die Demo-Verbote und Polizeieinsätze rund um den Tag mit einer Diktatur und dem Vorgehen der russischen Polizei gegen antirussische Prozesse in Moskau. Minderheiten würden damit ihrer Rechte beraubt.
Die Demos wurden nicht verboten, weil Meinungen unterdrückt werden sollen, sondern weil die Anmelder bereits bei früheren Demos bewiesen haben, dass sie sich nicht an Recht und Gesetz halten, konterte Almuth Draeger (SPD).
Die Entschließung wurde von allen Parteien außer der Linken abgelehnt.
Mit großer Mehrheit angenommen wurde dagegen der Antrag der Linken, den Bezirk Neukölln als Startbezirk für den Einstieg in die Rekommunalisie-
rung der Schulreinigung anzubieten. Die Bürger­initiative »Schule in Not« verfolgt dieses Thema seit Jahren. Der Grund: Die Schulen werden schlecht geputzt, zudem sind Lohndumping, prekäre Arbeitsverhältnisse und ein geringer gewerkschaftlicher Organisationsgrad in der Gebäudereinigungsbranche ein Riesenproblem. Ab 2023 steigt Berlin schrittweise in die Rekommunalisierung ein. Bezirksbürgermeister Martin Hikel bestätigte, dass sich das Bezirksamt dafür einsetze, Neukölln zum Pilotbezirk zu machen.
Um die Senatsplanung für vier neue Straßenbahnlinien in Neukölln ging es bei einer Gro­ßen Anfrage von Ludwig Lindner (Linke).
Die Verlängerung der M10 zum Hermannplatz mit Realisierung 2026/2027 und die Strecke Potsdamer Platz bis Schöneweide mit geplanter Inbetriebnahme 2035 seien im ÖPNV-Bedarfsplan mit der höchsten Priorität »vordringlich« eingestuft, die Verbindung von Johannisthal zur Johannisthaler Chaussee mit geplanter Inbetriebnahme 2028 als dringlich, antwortete Stadtrat Jochen Biedermann.
»Das dauert alles viel zu lange«, meinte Lindner in der anschließenden Diskussion. Dabei sei die Straßenbahn das beste Verkehrsmittel, schneller als Busse, billiger als U-Bahnen. Jörg Kapitän (AfD) dagegen meinte, es seien fortschrittlich denkende Menschen gewesen, die die Straßenbahnen in Westberlin abgeschafft haben. Neukölln sei für die Straßenbahn auszuschließen.
Possierlich wurde die Diskussion um den Antrag der SPD, zu prüfen, inwieweit das Logo »Neukölln Fairtrade Town« auf öffentlichen Schreiben, in Briefköpfen und auf den bezirklichen Websites verankert werden kann. Roland Leppek (FDP) empfahl, sich um die Dinge zu kümmern, die den Neuköllnern wirklich helfen, statt sich Gedanken um Briefköpfe zu machen. Es gehe darum, Fairtrade-Gedanken einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, antwortete ihm Christian Hoffmann (Grüne). Jan Stiermann (Grüne) warf der FDP vor, lieber gar nichts zu tun. Am Ende wurde der Antrag mit 35 Ja-Stimmen angenommen.

mr