Leerstand: Gastbeitrag von Marlis Fuhrmann
Wohnungsbau dauert. Aktueller Mangel kann erst zukünftig behoben werden. Aber Bedarf ist planbar. Der »BUND« für Naturschutz hinterfragt das Neubauziel der SPD von 200.000 Wohnungen, versucht eine seriöse Prognose und gibt Handlungsempfehlungen.
Mit Berlin als Bundeshauptstadt ließ sich ein deutlicher Zuzug vorhersagen. Einem kurzen Rückgang durch Abwanderung ins Umland folgte der betriebswirtschaftliche Abriss von Plattenbauten. Zeitweiliger Leerstand gehört aber zum Wohnungszyklus und muss wenigstens durch kommunale Wohnungsgesellschaften mitgetragen werden. Für Sanierung, Umzüge sowie eine Sofortreaktion auf eine gestiegene Nachfrage werden etwa drei Prozent benötigt.
Ein erhöhter Wohnungsbedarf durch kleinere Haushalte und mehr Zuwanderung zeichnete sich 2010 ab. Der Neubau lief zu langsam an – der Nachholbedarf beträgt mindestens 44.500 Wohnungen trotz steigender Haushaltsgröße. Heute entstehen circa 17.000 pro Jahr, insgesamt 65.000 sind genehmigt. Wohnungssuchende kann dies nicht trösten.
Insgesamt werden laut Studie bis 2030 zwischen 100.000 und 121.000 Wohnungen gebraucht. Kleine Bauflächen sowie die in Bau befindlichen und genehmigten Wohnungen könnten den Bedarf decken. Gegebenenfalls, etwa wegen der Aufnahme von Geflüchteten, muss nachgesteuert werden.
Druck lastet dabei auf den kommunalen Wohnungsgesellschaften. Ihnen gehören Siedlungsflächen wie die in Britz und Gropiusstadt. Eine baulich, sozial und ökologisch vertretbare Verdichtung ist anspruchsvoll. Darüber hinaus sollen sie Stadtquartiere neu entwickeln, wie die Buckower Felder. Das bedeutet auch Landschaftsverlust, Bodenversiegelung, energieaufwendige Baustoffproduktion und mehr Verkehr.
Gebraucht werden bezahlbare kleine Wohnungen für Singles und große für Familien und WGs. Am besten mit flexiblen Grundrissen, aber auch barrierefreie Wohnungen neu und im Bestand. Hier müssen die Kommunalen Vorreiter bei Wohnungstauschbörsen sein.
Alle, auch die kleinen Potenzialflächen, sollen in einem Wohnflächenkataster erfasst werden. Der Mieterverein fordert eine Gemeinwohlquote von 70 Prozent beim Neubau. Eine zeitnahe Verbesserung des Angebotes wäre durch Lückenschlüsse, Aufstockung, Dachausbau und die Überbauung von Supermärkten möglich. Aufstocken müsste auch für Schulen und Kitas gelten – statt in bezirkliche Grünflächen und Kleingärten auszuweichen.
Eine Bebauung des Tempelhofer Feldes darf nicht wieder ins Spiel kommen. Im künftigen Grünflächen-Volksbegehren des »BUND« bekommt Berlins größte Freifläche eine zentrale Rolle.