Menschlich und nachbarschaftlich

Guido Roths Leben bleibt good good good Vibration

Jetzt stehen Kerzen da, wo die Tür zum Schallplattengeschäft stets offen war. Guido Roth, der Inhaber von »Records Records« in der Selchower Straße 31, ist plötzlich und unerwartet aus dem aktiven Leben gerissen worden. Die Anteilnahme an seinem natürlichen Tod ist groß. Diese traurige Nachricht verbreitete sich nicht nur im Schillerkiez wie ein Lauffeuer.


Stellvertretend für alle, die ihn schätzten, sagt Alvaro, Inhaber der benachtbarten »Pequod Buchhandlung«: »Guido war großherzig und immer für die Menschen da. Als ich mein Geschäft eröffnete, wußte ich eigentlich nicht, was dabei alles zu beachten ist. Guido gab mir wertvolle Tipps und stand mit stets beratend zur Seite. Ihm ging es um Menschlichkeit in unserer nicht immer leichten Zeit. Einige zogen hierher, weil es seinen Shop gab.«
Guido bot ausschließlich Musik auf Vinyl an, alles andere war für ihn ein Tabu. Sein gut sortiertes Sortiment bot sogar Erstpressungen. Sammler und Sammlerinnen sowie Profis tauschten bei ihm in lebhaften Gesprächen Erfahrungen über den unterschiedlichen Klang von Pressungen aus. Er ließ gerne die Tür zu seinem Laden auf, der sehr empfänglich für einfallendes Licht war. An einer Wand über den Verkaufsständern hängt eine Gitarre zwischen ausgewählten Covern von Platten. Das wundert wenig. Guido war selbst Musiker, wirkte als Gitarrist und Sänger in der »Bastardo Four Punkband«, ohne sich in seinem persönlichen Gehör auf Punk zu beschränken. Seine Angebote waren eine Fundgrube.
Er war Stammgast im »Syndikat«, von der Räumung dieser linken Kneipe und der fortschreitenden Immobilienspekulation hielt er gar nichts, da immer mehr Freiräume verloren gingen. Aus seiner Sympathie für den erfolgreichen Volksentscheid »Deutsche Wohnen und Co enteignen« machte er keinen Hehl. Guido Roth wird nicht nur Musikliebhabern und Musikliebhaberinnen fehlen.

th