Auf Wissmann folgt Lucy Lameck

Keine Straßennamen für Kolonialisten

Hikel steigt.      Foto: mr

Die am 23. April erfolgte Umbenennung der Wissmannstraße in Lucy-Lameck-Straße hat eine jahrzentelange Geschichte hinter sich.
Mit der Gründung der Werkstatt der Kulturen – heute »Oyoun, Kultur NeuDenken« – im Jahre 1993 begann die Diskussion um deutschen Kolonialismus, dessen Folgen und mögliche Wiedergutmachung.
Erstmalig im Jahr 2007 regte Susanna Kahlefeld (Grüne), zu dieser Zeit Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, die Umbenennung der Wissmannstraße an. Hintergrund war die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit für das ehemalige Gebiet Deutsch-Ostafrika, die heutigen Staaten Tansania, Burundi und Ruanda. Dort war Hermann von Wissmann Gouverneur. Die Sicht auf diese Zeit der Geschichte hat sich in den letzten 130 Jahren geändert, was sich in der feierlichen Umbenennung, die eine symbolische Wiedergutmachung sein soll, ausdrückt.
Die Namensfindung erfolgte 2020 in einem Beteiligungsverfahren, zu dem Anwohner und Initiativen aufgerufen waren, Vorschläge einzureichen. Vorgeschlagen wurden drei Schwarze Frauen aus dem antikolonialen Kontext.
Die Namensgeberin Lucy Lameck (1934-1993) lebte in einer politisch aktiven Familie, erlernte den Beruf der Krankenschwester, den sie jedoch nicht ausübte. Sie wollte die rassistischen Diskriminierungen des kolonial betriebenen Gesundheitssystems nicht unterstützen. Sie setzte sich in verschiedenen Organisationen gegen die Kolonialherrschaft ein. 1957 erhielt sie ein Stipendium und studierte in Oxford Politik- und Wirtschaftswissenschaft. 1960 kehrte sich in ihre Heimat zurück und setzte sich weiterhin für Demokratie, Gleichstellung der Geschlechter und die panafrikanische Idee ein. Sie war die erste Frau im tansanischen Parlament und stellvertretende Ministerin.
Dr. Possi, der tansanische Botschafter in Berlin, hob hervor, dass die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Tansania und Deutschland seit der schrecklichen Kolonialzeit gewachsen seien.
Karin Korte (SPD) Stadträtin für Bildung, Schule, Kunst und Sport, betonte, dass es ihr ein besonderes Anliegen sein werde, Initiativen, die sich mit der Aufarbeitung des postkolonialen Erbes beschäftigen, weiterhin tatkräftig zu unterstützen.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) unterstrich, dass die Umbenennung auch Ausdruck eines veränderten Zeitgeistes sei und ein Statement. »In Neukölln leben Menschen aus über 150 Ländern und für Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist kein Platz in unserem Bezirk.«

bs