Dorf, Hochhäuser und Industrie
Wahlkreis 3 im Überblick
Der Wahlkreis 3 reicht von Rixdorf über das nördliche Britz bis zu den Hochhaussiedlungen in der Köllnischen Heide.
Eine Besonderheit im Norden Neuköllns ist der noch recht dörflich geprägte Richardkiez. Der Richardplatz ist die Keimzelle des ehemaligen Dorfes, aus dem Neukölln einst entstanden ist. Einmal im Jahr treffen sich dort Alteingesessene und zugezogene Neuköllner zum Popráci, dem Rixdorfer Strohballenrollen.Viele kleine Läden, Kneipen und Restaurants machen den Kiez zu einem beliebten Ausgehviertel, das dadurch aber auch stark von Gentrifizierung bedroht ist.
Südlich des S-Bahnrings gibt es vorwiegend Wohnviertel. Das Zentrum bildet hier der Kranoldplatz mit seinem Wochenmarkt »Die dicke Linda«.
Neubritz, der Kiez mit Autobahnanschluss, liegt beiderseits der historischen Gemeindegrenze von Rixdorf und Britz. Dem Ausbau des Stadtrings der A 100 fiel eine ganze Häuserzeile zum Opfer. Die Autobahn verläuft hier unterirdisch – darüber entstand der Carl-Weder-Park mit Spiel- und Sportplätzen, Obstbaumwiesen und Fahrradwegen. Traditionell ist Neubritz durch eine Mischung von Wohnen und Arbeiten geprägt.Im Bereich östlich der Karl-Marx-Straße zwischen dem südlichem S-Bahnring und dem Teltowkanal ist mannigfaltiges Gewerbe angesiedelt. Hier produzieren »Moll Marzipan« und »Märkisches Landbrot«, »Biotronik« stellt medizinisch technische Geräte her, und am S-Bahnhof Sonnenallee hat mit dem »Estrel« Deutschlands größtes Hotel sein Zuhause.
Östlich der Sonnenalle liegen am S-Bahnhof Köllnische Heide zwei Großsiedlungen aus den 1970er Jahren. Das für die damalige Zeit ziemlich innovative Konzept der »High-Deck-Siedlung« setzt auf eine Trennung von Fußgängern und Autoverkehr. Hoch über den Fahrbahnen bewegen sich die Passanten auf den begrünten namensgebenden High-Decks, die die fünf- bis sechsgeschossigen Gebäude mit ihren insgesamt rund 2.400 Wohnungen miteinander verbinden. Nach dem Mauerfall büßte die Siedlung erheblich an Beliebtheit ein und wurde zu einem sozialen Brennpunkt mit problematischer Bevölkerungsstruktur.
Charakteristisch für die »Weiße Siedlung« sind die hellen bis zu 18-geschossigen Gebäudebänder. Im Quartier leben rund 4.000 Einwohner, unter ihnen viele junge Familien mit mehreren Kindern. Gut ein Viertel der Einwohner ist unter 18 Jahre, etwa 70 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Beide Siedlungen erhalten Fördermittel aus dem Städtebauförderungsprogramm »Soziale Stadt« und werden durch ein Quartiersmanagement betreut.
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Was die Neuköllner wissen sollten
1. Unterstützen Sie die bezirklichen Vorkäufe zugunsten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften? Welche anderen Vorschläge haben Sie für den Bau bezahlbarer Wohnungen?
2. Wie wollen Sie nach der Coronakrise den wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau ankurbeln?
3. Wie unterstützen Sie eine Verwaltungsreform, um die Bezirksämter zu stärken und um eine klare Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Senatsverwaltung und Bezirken zu erreichen?
4. Was möchten Sie im Bereich Verkehr verbessern, um die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer zu erreichen? Welche Vorschläge haben Sie, um das Verkehrsproblem an der Blaschkoallee zu lösen? Wann wird die Späthbrücke wieder eröffnet?
5. Wie berücksichtigen Sie die Bedürfnisse von Minderheiten in Ihrem Wahlprogramm?
6. Wie soll die Sicherheit vor Kriminalität gewährleistet werden?
7. Wie sollen Schulen in die Lage versetzt werden, zukünftig die neuen Technologien besser einzusetzen?
8. Was ist in Ihrem Wahlkreis aus Ihrer Sicht am wichtigsten?
Georg Kössler – Die Grünen
1. Erst seit wir Grüne in Neukölln mitregieren und Jochen Biedermann unser Stadtrat ist, wird das Vorkaufsrecht ausgeübt. Auf Landesebene haben wir den Mietendeckel beschlossen und wollen ihn weiterentwickeln. Wohnungsneubau ist wichtig, aber für die meisten Menschen ohnehin nicht bezahlbar und ökologisch nicht immer weiter steigerbar. Es braucht auch weiterhin vergesellschaftete Wohnräume und Regulierung gegen Spekulation.
2. Die Krise verlangt allen sehr viel ab. Der Neustart muss für die Wirtschaft einen ökologischen Aufbruch bedeuten, weswegen ich mich für entsprechende Schwerpunkte bei den Fördermitteln einsetze. Ich werde mich weiterhin für unsere Clubszene einsetzen, die auf meine Initiative hin nun offiziell »Kultur« ist. Bis zum Ende der Pandemie stehen daher Liquiditätshilfen bereit.
4. Ich will den öffentlichen Raum gerechter aufteilen: bessere Rad- und Fußwege und weniger private Autos (damit alle, die noch drauf angewiesen sind, besser durchkommen). Mit besseren Sharing-Angeboten auch außerhalb des Rings reduziert sich auch die Anzahl der Autos. Das schafft Möglichkeiten für Entsiegelung und Stadtgrün. Der Richardkiez soll ein »Kiezblock« werden.
5. Neukölln kann stolz sein auf seine Vielfalt! Aber wir müssen mehr miteinander statt nur übereinander reden. Minderheiten brauchen Schutzräume, aber müssen auch sichtbar sein können. Sie dürfen nicht diskriminiert werden – erst recht nicht von Verwaltung und Polizei. Hier brauchen wir Reformen.
8. Neukölln soll für alle lebenswert sein – das bedeutet: weniger Lärm, weniger Müll, bessere Luft und ausreichend Grünflächen! Das ist Umwelt-Gerechtigkeit und dafür kämpfe ich weiter jeden Tag!
Zusatzfrage: Was konnten Sie als Abgeordneter für Neukölln erreichen?
Meine ersten fünf Jahre im Parlament haben natürlich auch Neukölln etwas gebracht: Der Bezirk hat viel Geld für bessere Abfallbeseitigung und Müllvermeidung bekommen. Wir haben das Berliner Eine-Welt-Zentrum, einen Klimaschutz-Manager, und ich habe für die Griessmühle gekämpft – die jetzt ein neues Zuhause gefunden hat!
Sophia Bellmann – FDP
1. Die Antwort ist sehr einfach: Bauen. Bauen. Bauen. Aber vor allem auch Bürokratie abbauen. Der Senat kam seinen Versprechungen in der Koalitionsvereinbarung nicht nach und ließ zu wenig bauen. Berlin ist ein Stadtstaat, da kann eine Lösung »in die Höhe Bauen« heißen. Und der Mietendeckel? Er schafft Stillstand und Leerstand. Das habe ich in meinem eigenen Kiez selbst erlebt.
3. Zuständigkeiten müssen klar aufgeteilt und Doppelzuständigkeiten vermieden werden. Die FDP fordert daher hier eine klare Abgrenzung. Wir setzen auf das Subsidiaritätsprinzip. Vor allem aber wollen wir die Bürokratie abbauen.
4. Wir setzen uns für Investitionen in intelligente Verkehrskonzepte ein und für eine Verkehrspolitik, die alle VerkehrsteilnehmerInnen einschließt. Eine smarte Mobilität in Berlin muss sich dabei auf eine Steigerung der Effektivität, Effizienz und Servicequalität der öffentlich und privat verfügbaren Verkehrsmittel ausrichten. Eine clevere Fahrradinfrastruktur ist mir genauso wichtig wie die Möglichkeit, Parkplätze zu erhalten. Dabei dürfen aber die FußgängerInnen und AutofahrerInnen nicht vergessen werden. Die alte Späthbrücke sollte eröffnet werden, damit die FahrradfahrerInnen diese nutzen können.
7. Neuköllner Schulen müssen besser ausgestattet werden. Die Pandemie hat gezeigt, dass Berliner Schulen hier sehr hinterherhängen. Wir wollen die Chancen der Digitalisierung richtig einsetzen, denn Bildung ist essentiell und ein Aufstiegsversprechen. Wichtig ist auch, dass der Umgang mit neuen Technologien und deren Einsatz auch in der LehrerInnenausbildung Eingang findet. Ein Internetanschluss allein reicht hier nicht aus. Die beste Ausstattung nützt nichts, wenn man nicht damit umgehen kann. Die FDP steht für einen Digitalpakt 2.0.
8. Das, was mir tagtäglich begegnet: Der Müll in unserem Kiez. Die vorsätzliche Vermüllung des öffentlichen Raums macht mich sprachlos und wütend. Die Menschen, aber auch die Politik, müssen hier mehr Verantwortung übernehmen. Damit aus »Dirty Neukölln« ein noch lebenswerterer Bezirk wird.
Gabriele Köstner – CDU
1. Nein, auch städtische Gesellschaften leiden unter teuren Baugesetzen, hohen Grundstückspreisen und langen Genehmigungsverfahren. Mit dem Geld lieber neu bauen und das Baugesetz entrümpeln und vereinheitlichen sowie Grundstücke verbilligt zur Verfügung stellen.
2. Eine Taskforce der bezirklichen Wirtschaftsförderung hilft bei der anstehenden Insolvenzwelle unbürokratisch mit Beratung, Krediten, Zuschüssen. Die Pilotprojekte in der Kultur werden sofort ausgeweitet. Die Sondernutzungsgebühr für Außengastronomie entfällt für 2021. Konzepte für den innerstädtischen Einzelhandel nur mit Einbeziehung der Betroffenen.
4. Zuerst müssen Gehwege konsequent instandgesetzt werden – altersgerecht und barrierefrei! Die alte Späthbrücke in das Konzept Mauerweg einbinden, um die Kosten für die Pflege und den Bau der Abfahrtsrampe zu decken, dadurch kann man den Radschnellweg Y-Trasse in diesem Bereich schon vorab in Betrieb nehmen. Die Blaschkoallee ist als Autobahnzubringer der Industriegebiete und als Tunnelumfahrung überlastet. Der Radweg dort darf nur als separater Neubau an der Südseite umgesetzt werden oder aber in einer Alternativroute.
5. Keine »Schubladenpolitik«. Wir sind alle Menschen, und alle sind verschieden. Aber wir müssen noch hart daran arbeiten, dass alle die gleichen Chancen haben. Verpflichtende Vorschule zum Spracherwerb. Kein Schulabgang ohne Abschluss! Mehr Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme von Asylbewerbern und Schutz vor Abschiebung während der Ausbildung. Im öffentlichen Raum geht barrierefreier Umbau vor Denkmalschutz.
8. Wir wollen nicht in Müll und Dreck leben. Wir brauchen mehr Verantwortung der Menschen für ihren Bezirk und mehr Einsatz der BSR bei Sperrmüll- und Kiezaktionen. Außerdem leben hier seit vielen Jahren Menschen, die ihr Auto beruflich und privat brauchen. Es ist auch Gentrifizierung, wenn Menschen durch Abschaffung von Parkraum hier nicht mehr wohnen können.
Moritz Wittler – DIE LINKE
1. Um das Problem der steigenden Mieten nachhaltig anzugehen, braucht es weitere Maßnahmen: Eine dauerhafte Deckelung der Mieten, den Bau von günstigen Wohnungen in öffentlicher Hand und eine Vergesellschaftung des Immobiliensektors. Das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co enteignen« ist eine Chance, uns die Stadt zurückzuholen. Jede und jeder kann mithelfen, die erforderlichen Unterschriften zu sammeln.
2. Die Corona-Krise trifft nicht alle gleich. Auf der einen Seite ist das Vermögen der Reichen während der Krise massiv angestiegen. Heute gibt es in Deutschland mehr Millionäre als vor der Krise. Auf der anderen Seite haben Kurzarbeit und Jobverlust dafür gesorgt, dass viele nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Wir brauchen ein milliardenschweres öffentliches Investitionsprogramm, das gute Arbeitsplätze schafft und den ökologischen Umbau voranbringt. Zur Finanzierung fordern wir eine Vermögensabgabe für Reiche und eine gerechtere Steuerpolitik.
4. In der Verkehrspolitik müssen die Alternativen zum Auto vorangebracht werden. Das bedeutet, den öffentlichen Nahverkehr massiv auszubauen. Als Linke treten wir dafür ein, dass Neukölln wieder ein Straßenbahnnetz bekommt. Zudem treten wir für die Verlängerung der U7 und der U8 ein, um den Neuköllner Süden besser anzubinden.
5. Ich will, dass alle Menschen in Neukölln ein gutes, glückliches und erfülltes Leben führen können. Gleich welcher Herkunft, Nationalität, Religion, sexueller Orientierung oder Hautfarbe. Staatliche Diskriminierung muss ebenso beendet werden wie die Diskriminierung durch Vermieter oder Arbeitgeber. Das wichtigste für mich: Wahlrecht für alle Menschen, die hier leben!
8. In meinem Wahlkreis sind viele Menschen von Erwerbslosigkeit betroffen, haben niedrige Löhne oder Armutsrenten und sind deshalb auf das Jobcenter angewiesen. Das entwürdigende Hartz-IV-System muss endlich abgeschafft und durch eine solidarische Mindestsicherung ersetzt werden.
Derya Çağlar – SPD
1. Ich unterstütze die bezirklichen Vorkäufe. Da wir in Berlin mehr bezahlbaren Wohnraum benötigen, müssen wir mehr bauen. Damit dies gelingt, müssen wir preisgünstige Flächen für gemeinwohlorientierte Bauträger und landeseigene Wohnungsgesellschaften zur Verfügung stellen. Grundstücke dürfen nicht als Spekulationsobjekte missbraucht werden. Deswegen brauchen wir zwingend eine Spekulationssteuer.
4. Damit Radfahren attraktiver wird, muss die Radschnellverbindung aus dem Süden Berlins nach Kreuzberg schnell verwirklicht werden. Auch der ÖPNV muss ausgebaut werden. Für mich steht hier die Verlängerung der U7 an erster Stelle und eine verbesserte Taktung der Busse.
In der Blaschkoallee müssen Auto- und Radverkehr getrennt werden. Dabei sollte die Funktion der Straße als Umleitungsstrecke erhalten bleiben.
5. Die Sicherheit im Kiez liegt mir am Herzen. Deshalb möchte ich, dass die altbewährten Kontaktbereichsbeamten wieder vermehrt im Kiez sichtbar sind. Wir benötigen starke, gut ausgestattete Polizeistationen und Ordnungsämter, eine gute Vernetzung der verschiedenen Behörden in Bezirk und Land und klare Ansagen, dass Regeln durchgesetzt werden. Die beste Straftat ist die, die nicht stattfindet. Wir müssen deshalb jeden verfügbaren Euro in die Präventionsarbeit stecken.
7. Wir brauchen eine Digitalisierungsoffensive: Dabei muss der Senat dafür sorgen, dass Schulen schneller an das Breitband angeschlossen werden und mehr Laptops/Tablets in den Schulen ankommen. Die Wartung der Computer muss durch Fachpersonal erfolgen, und es müssen mehr Schulungen für die pädagogischen Fachkräfte angeboten werden.
8. Mein Wahlkreis reicht vom Zentrum Neuköllns bis ins grüne Britz. Hier kann man wohnen, einkaufen, sich erholen und arbeiten. Deshalb ist bezahlbarer Wohnraum genauso wichtig wie mehr Kitaplätze, gut ausgestattete und sanierte Schulen. Aber auch gewerbliche Arbeitsplätze stehen bei mir im Fokus. Deshalb werde ich mich auch dafür einsetzen, dass im Philipp-Morris-Gebäude wieder produzierendes Gewerbe einzieht.
Zusatzfrage: Was konnten Sie als Abgeordnete für Neukölln erreichen?
Mit der Einführung des Mietendeckels konnten wir viele Berliner:innen entlasten. Das kostenlose Schulmittagessen für Grundschüler:innen, das kostenlose BVG-Schüler:innenticket, die Lernmittelfreiheit und die kostenlose Hortbetreuung für die 1. und 2. Klassen gehört zu unseren politischen Erfolgen.