Anstoß für mehr Zusammenhalt
Thomas de Vachroi ist neuer und erster Armutsbeauftragter des »Evangelischen Kirchenkreises Neukölln«, eine Aufgabe, die er zuvor bereits seit 2017 im »Diakoniewerk Simeon« engagiert wahr genommen hat. »Damit setzt die Kirche ein dringendes Statement in der Armutsbekämpfung. Kirche und Diakonie tun dazu viel. Als Koordinierungsstelle will ich diese Arbeit vorantreiben und alle Aktiven noch näher zusammenbringen. Es bedarf eines Fundaments aus kirchlichen und gemeinnützigen Organisationen, Vereinen und Politik, von dem alle, die etwas tun möchten, profitieren. Viele wollen helfen, wissen aber nicht wie. Im Kern ist das für mich diakonischer Dienst, Menschen zu motivieren, dass jeder und jede die Gesellschaft in vernetztem Handeln ein bisschen mitträgt.«
Der neue Armutsbeauftrage handelt aus christlicher Überzeugung. Als er 27 Jahre alt war, spürte er, der aus hugenottischer Tradition stammt, »einen tiefen Glauben in mir« und ließ sich erneut taufen. Er praktiziert mit seinen christlichen Mitmenschen die Diakonie als das, was sie schon vom griechischen Urspung des Begriffes von Alters her bedeutet: Aktive Nächstenliebe als Dienst am Menschen. »Ich brauche keine wissenschaftliche Definitionen von Armut, es reicht, mit offenem Blick hinzuschauen. Vor allem sollte der Staat seine Verantwortung stärker wahrnehmen. Doch wir brauchen insgesamt eine gesellschaftliche Entwicklung, die die Bevölkerung stärker mit einbezieht. Diakonie und Kirche sollten dafür die Werbetrommel rühren, also darüber sprechen, wie wichtig Angebote sind, wie sie sich finanzieren, wie sie arbeiten, und dass alle mitarbeiten können.«
Was sollte als nächstes konkret geschehen? »Ich kämpfe seit Jahren für ein Obdachlosenzentrum. Diese zentrale Anlaufstelle, die Menschen ohne Wohnung betreut und dringend benötigte medizinische Hilfe anbietet, kann vor allem bei der Wohnungssuche unterstützen, zu Ämtern und Ärzten begleiten. Außerdem fordere ich mobile Versorgungspunkte mit Dusch- und Toilettenwagen. Das hilft insbesondere den Gestrandeten aus Osteuropa, um die wir uns besser kümmern müssen, denn die haben hier keinerlei Anspruch auf Sozialleistungen. Ich setze mich auch für die sinnvolle Verteilung von überschüssigen Lebensmitteln ein und für bezahlbaren Wohnraum für ältere Menschen.«
»Ja, ich gebe der Armut ein Gesicht, weil ich aufkläre und darüber spreche, in Gemeinden ebenso wie in Schulen. Wie schnell man in Armut rutschen kann, zeigt aktuell die Corona-Pandemie. Sie ist ein Turbo. Viele Förderer, Selbständige und andere Geschäftsleute sind plötzlich selbst betroffen. Schließlich haben wir das gleiche Ziel, die Armut zu lindern. Diese Not wird uns Jahre beschäftigen, mit all ihren Begleitern: Krankheiten wie Depression oder auch ein rauer Ton in der Bevölkerung. Daher müssen wir alle respektvoll und auf Augenhöhe miteinander umgehen, auch mit dem Ärmsten der Armen. Schließlich haben wir das gleiche Ziel, die Armut zu lindern.«
th