Unterschriften gegen »Deutsche Wohnen«
Kaum ein anderes Thema hält Berlin stadtpolitisch so sehr auf Trab wie der Umgang mit den rasant steigenden Wohnungsmieten und der dadurch entstehenden Verdrängung langjähriger Anwohner und Geschäftsstrukturen. Während die Rechtmäßigkeit des sogenannten »Mietendeckels« derzeit noch vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geprüft wird (eine Entscheidung wird Mitte dieses Jahres erwartet), geht die innerstädtische Auseinandersetzung zwischen Mietern und großen Wohnungskonzernen bereits in die nächste Runde: Am 26. Februar startete die Initiative »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« die zweite Runde der Unterschriftensammlung zu ihrem Volksbegehren.
175.000 Unterzeichner werden innerhalb der kommenden vier Monate benötigt, um einen Volksentscheid zu erwirken. In diesem würde dann, voraussichtlich am Tag der Bundestagswahl im September, darüber abgestimmt werden, ob der Senat dazu verpflichtet werden soll, ein Gesetz auszuarbeiten, das Immobilienunternehmen in Berlin mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaftet. Nach eigenen Angaben der Initiative wären hiervon unterm Strich circa 243.000 Wohnungen betroffen.
Zwar kommt es in Deutschland bereits zu Enteignungen, beispielsweise beim Bau von Autobahnen, jedoch ist die rechtliche Begründung im Fall der Berliner Initiative juristisches Neuland. Sie beruft sich auf Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes, in denen sinngemäß festgehalten ist, dass Eigentum gegenüber dem Wohle der Allgemeinheit verpflichtet. Den großen Wohnungskonzernen wird vorgeworfen, dass sie dieser Verpflichtung nicht gerecht und durch Spekulationen mit Wohnraum zum Hauptschuldigen für die angespannte Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt würden. Gleichzeitig heißt es im Artikel 28 der Berliner Landesverfassung, jeder Mensch habe das Recht auf angemessenen Wohnraum. Um überhaupt die Möglichkeit zu erlangen, diesem Recht Geltung zu verschaffen – so die Argumentation der Initiative – müssten Immobilien zuerst wieder zurück in Gemeineigentum überführt werden.
Auch für die offene Frage nach der Finanzierung möglicher Entschädigungszahlungen hat die Initiative bereits Konzepte ausgearbeitet. Diese sollen demnach hauptsächlich, wie auf dem Wohnungsmarkt üblich, über Kredite finanziert werden, die dann wiederum durch die Mieteinnahmen der vergesellschafteten Wohnungen getilgt werden können. Vereinfacht gesagt würden die Mieter die Häuser so im Laufe der Zeit von den Immobiliengesellschaften zurückkaufen.
Auf der Website von »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« findet sich eine Karte mit allen Orten in der Stadt, an denen Unterschriften eingereicht werden können. Wer darüber hinaus sogar selbst Lust hat, beim Sammeln mitzuhelfen findet alle Informationen ebenfalls online.
mf
www.dwenteignen.de