Kiezgespräch

Wie lange noch?

KuK: Welche Themen bewegen dich in deinem Kiez?
Selma: Jetzt gerade bewegt mich die harte Realität. Ich arbeite in einer Bäckerei in der Donau­straße und uns fehlen haufenweise Einnahmen. Wir hatten zwar durchgehend offen im vergangenen Jahr, aber jetzt habe ich Angst um meinen Job und das Geschäft. Ein Teil unserer Hauptkundschaft sind die Kinder aus der Schule nebenan, und weil die Schulen weiterhin geschlossen sind, sitzen wir mittags auf unseren Waren rum. Mal abgesehen vom Umsatz mag ich die Kleinen, und meine Tochter geht selbst dort zur Schule. Das geht mir ab, dass wenn drüben die Schule schließt, hier richtig Leben in den Laden kommt. Außerdem fehlen seit Oktober die Leute, die hier essen. Kein Frühstück mehr, nur noch die Stammkunden, die sich Kaffee und Schrippen holen. Ich wünsche mir eine Zeit, vielleicht im Frühling oder Sommer, in der die Nachbarn wieder draußen an unseren Tischen sitzen, Kaffee trinken und essen, und es hinten nach Frühstück riecht. Ich vermisse den Geruch von gebratener Sucuk und Spiegelei.
KuK: Gibt es noch ein Thema, das dich im Moment beschäftigt?
Selma: Die Frage, wie lange noch. Wie lange ist meine Kleine noch zu Hause, während mein Mann und ich uns abwechseln mit arbeiten. Da fällt mir noch eine Sache ein, weil ich nicht nur meckern will. Ja, gerade ist es als Familie nicht leicht, aber weißt du was? Wir sind alle gesund, unsere Tochter darf noch zur Oma, so ist die auch nicht allein und wir passen aufeinander auf. Dafür bin ich dankbar.

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*Selma, Donaustraße