Wenig praktische Fortschritte in der Aufklärung rechter Strafttaten
Die Aufklärung von rechten Straftaten, die sich besonders in Neukölln häufen, bleibt überwiegend auf der Ebene von starkem Tatverdacht und angeblich zu wenig dichten Beweisen stecken. Bereits im September letzten Jahres ergab eine Anfrage der jetzigen Fraktionsvorsitzenden der »Linken« Anne Helm und des Innenexperten Niklas Schrader eine lange Liste von erfassten Delikten, darunter zahlreiche Gewalttaten. Solche erschreckenden Tatsachen passen zu der interaktiven Grafik, die der »Tagesspiegel« mit »Zeit Online« erarbeitet hat, aus der hervorgeht, dass 187 Menschen in der Bundesrepublik seit 1990 von Rechtsextremisten getötet wurden.
Im Herbst 2020 fragten Helm und Schrader erneut im Abgeordnetenhaus nach, da sie besorgt sind über immer mehr bekannt werdende vermutliche Straftaten oder disziplinarische Vergehen bei der Polizei. Demnach werden seit August 2019 rechte Vorkommnisse in der Polizei »systematisch erfasst«, und es sei zu 20 eingeleiteten Strafverfahren und fünf Disziplinarverfahren gekommen, wie der »Tagesspiegel« zusammenfasst. Manche Delikte wurden im Dienst begangen, andere in »Chatgruppen«, letztere überwiegend von jüngeren Polizisten, die teilweise noch in der Ausbildung sind. Es ginge um »rassistische Beleidigung, Sprüche der Hitlerjugend und Witze über Gas« sowie um vermutliche Weitergabe von Daten aus Polizeicomputern. In sieben Verfahren wird noch ermittelt.
In Sorge über diese Entwicklung ist ebenfalls der 44-jährige Berliner Kriminalpolizist Oliver von Dobrowolski, Vorsitzender der Vereinigung »Polizei Grün«, wie in einem Interview mit dem Schweizer Onlinemagazin »Republik« deutlich wird. Die Situation sei »nicht angenehm. Ich bin schon froh, wenn nur einmal am Tag eine Horrormeldung kommt.« Ein wichtiges Problem sei, dass die Kontrolle über die Polizei bislang nur die Polizei ausübe. Er selbst sieht sich als »Antifaschist«, was kein Widerspruch zum Polizeiberuf sei.
Großer Aufklärungs- und Reformbedarf besteht weiterhin. Es ist viel von der »Verfassungstreue« der Polizei die Rede, auch seitens der Innenpolitik. Im Kern geht es wohl um noch mehr, nämlich Affinität für die Verfassung.
th
www.tagesspiegel.de/politik/interaktive-karte-todesopfer-rechter-gewalt-in-deutschland-seit-der-wiedervereinigung/23117414.html
www.republik.ch/2020/10/19/vielen-reicht-es-nicht-ein-paar-hakenkreuze-per-whatsapp-rumzuschicken?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE