Zwischen Autos und Gebeten
KuK: Was bewegt dich im Kiez?
Said: Im Kiez gerade nicht viel, mein Kopf ist mit anderen Dingen beschäftigt. Mein Vater ist vor zwei Wochen gestorben, in Syrien. Er hat dort ein Grundstück, um das ich mich kümmern soll, aber im Moment ist es sehr schwierig, dort hinzukommen. Die Situation mit der Pandemie blockiert da vieles, aber eigentlich sind sowieso andere Dinge erstmal wichtiger, zum Beispiel, meinen Vater zu beerdigen. Meine ganze Familie ist in Syrien, ich bin als Einziger hier. Ich war nie religiös, aber seit dem Tod meines Vaters bete ich jeden Tag. Für ihn, für meine Familie. Ich bete gleich nebenan, in der Şehitlik-Moschee. Vor dem Gebet gehe ich immer noch hier auf das Tempelhofer Feld und mache Sport. Also gibt es doch etwas im Kiez, das mich bewegt. Ich bin dankbar dafür, dass ich alles so nah bei mir habe. Ich setze mich zuhause in der Silbersteinstraße auf mein Fahrrad und bin in zehn Minuten hier. Hier habe ich meine Zeit zum Beten, um mich zu reinigen und nebenbei kann ich mich auspowern und meinen Kopf frei machen. Das ist wirklich etwas Besonderes für mich.
KuK: Gibt es sonst noch etwas zu vermelden im Kiez?
Said: Tatsächlich ist es bei uns ein kleines bisschen ruhiger geworden in der Silbersteinstraße mit den Autos. Na gut, Anfang des Jahres auf jeden Fall. Das Dieselfahrverbot hat glaube ich schon etwas gebracht. Es fühlt sich auf jeden Fall so an. Und wenn das ganze Chaos durch Corona eine gute Sache zumindest für mich hatte, dann vielleicht, dass im ersten Lockdown auch viel weniger Lärm und Abgase auf der Straße waren. Jetzt gerade sind wieder mehr Autos unterwegs, insgesamt hat sich die Situation aber etwas entspannt.
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*Said, Silbersteinstraße