S-Bahnausschreibung vom Senat beschlossen

Privatisierung des Streckennetzes ist stark umstritten

Im Sommer beginnt die bislang größte Ausschreibung, die das Land Berlin vornehmen wird: Zwei Drittel der S-Bahn werden möglicherweise auf dem öffentlichen Markt an interessierte Bahnunternehmen vergeben. Es handelt sich um die Strecken auf der Stadtbahn sowie sämtliche Nord-Südstrecken. Bis zu vier Betreiber könnten künftig für 30 Jahre die Berliner S-Bahn befahren und sich das größte S-Bahnnetz Deutschlands teilen.
Das Land Berlin wird den Fuhrpark erneuern und in Besitz nehmen, wahrscheinlich ebenso die Werkstätten, zu denen vier neue Standorte kommen sollen. Das Volumen der Ausschreibung wird mit acht Milliarden Euro beziffert.
Der Senat hat lange um diese umstrittene Entscheidung gerungen. In der rot-rot-grünen Koalition stieß das von den Grünen befürwortete Projekt auf Widerstand, hauptsächlich von der Fraktion der Linken.
Die Befürworter des Senatsbeschlusses reden von einer »neuen Ära ohne S-Bahn-Chaos« und heben hervor, dass das Land Berlin starken Einfluss auf die S-Bahn haben werde, schon weil es im Besitz des Fuhrparks und der Werkstätten sei. Der Wettbewerb auf der Schiene zwischen den Unternehmen garantiere günstige Fahrpreise, da es kein Monopol auf den Strecken mehr gebe. Fast alle Mitarbeiter der jetzt im Besitz der Deutschen Bahn befindlichen S-Bahn sollen zu den geltenden Tarifen und Vereinbarungen übernommen werden.
Nicht nur von der »EVG Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft« kommt scharfe Kritik. »Die S-Bahn ist ein komplexes und einzigartiges System«, kommentierte Michael Bartl von der EVG. Kleinteilige Ausschreibungen zeugten von Unverständnis. Dem schließt sich die Initiative »eine-s-bahn-fuer-alle.de« an. Sie setzt sich für den Erhalt der S-Bahn in staatlicher Trägerschaft ein. Von Zerschlagung der S-Bahn durch Privatisierung ist die Rede.
An der Basis der Linken regt sich ebenfalls starker Widerstand. Schließlich ist die Partei für Kommunalisierung der öffentlichen Leistungen.
Der Bezirksverband Neukölln unterstützt die Initiative. Ruben Lehnert, Neuköllner Mitglied des Landesvorstandes, hat zusammen mit dem Bezirksverband Tempelhof-Schöneberg gefordert, dass der Senatsbeschluss in den Landesgremien zur kritischen Debatte gestellt werde. Der außerparlamentarische Druck auf die Regierungskoalition wächst.

th