Ein Kommentar von Alexandra Teitge
Der Landesvorsitzende der CDU Berlin, Kai Wegener, veröffentlichte am 30. April einen Facebook-Post, in dem er alle »Straftäter und Chaoten« dazu aufrief, am 1. Mai zu Hause zu bleiben. Die CDU Neukölln nahm das Posting auf, teilte es auf ihrer Facebook-Seite und hob noch mal hervor, dass sie keinerlei Hoffnung hätte, »dass sich auch nur einer der Chaoten eines Besseren besinnt«.
Empörend an den Postings ist nicht nur, dass Straftaten unterstellt werden noch bevor sie tatsächlich passiert sind – der beste Weg zur sogenannten selbsterfüllenden Prophezeiung. Nein, empörend ist außerdem, dass die CDU damit die Demonstrierenden am 1. Mai pauschal als »Straftäter und Chaoten« darstellt und damit deren politische Forderungen vom Tisch fegt. Das Muster ist nicht neu: »Chaoten« ist schon lange ein beliebter Sammelbegriff von Medien und Personen in Machtpositionen, um Menschen zu beschreiben, die im weitesten Sinne unbequem sind. Dabei reicht die Begriffszuschreibung von politisch motivierten Gewalttätern bis hin zu Fußballfans, die im Stadion ein Transparent mit Kritik am DFB hochhalten. Das wird niemandem gerecht. Warum die Dinge dann nicht einfach mal trennscharf beim Namen nennen? Weil man sich dann mit der Kritik der »Chaoten« differenziert auseinandersetzen müsste – aber das ist ja anstrengender als zu pauschalisieren.
Als wäre das nicht schon genug, veröffentlichte die CDU Neukölln am 2. Mai ein weiteres Posting mit einem Bild von Polizisten, unter dem steht: »Einfach mal Danke sagen. Um die Typen, wegen denen ihr Überstunden machen müsst und eure Familien kaum seht, kümmern wir uns später.«
Nachdem die Polizei selbst eine »überwiegend positive Bilanz« des 1. Mai zog, sah sich die CDU Neukölln anscheinend auf einmal zur Selbstjustiz berufen. Das gehört definitiv nicht zu ihren Aufgaben. Ein Hoch auf die Gewaltenteilung.