Interview für alle

Gesundheitsstadtrat Liecke zum Umgang mit dem Virus

Foto: BA Neukölln

So ein Gesundheitsstadtrat hat in der derzeitigen Krisensituation sicherlich viel zu tun. Da kann er sich nicht auch noch um Anfragen unterschiedlicher Presseorgane kümmern.
Trotzdem möchte er aber gerne seine Sicht der Dinge unters Volk bringen. Um lästigen Fragen zuvorzukommen und sich selber Arbeit zu ersparen, ist Neuköllns Stadtrat Falko Liecke (CDU) auf eine geniale Lösung verfallen: Er hat einfach das Interview, das er im März (siehe Kiez und Kneipe, April 2020) geführt hat, nebst Pressefoto anderen Zeitungen »zur freien Nutzung« angeboten. »Ziel ist es, den Neuköllnerinnen und Neuköllnern Informationen aus erster Hand zu geben und Sicherheit im Umgang mit dem Virus zu gewinnen«, heißt es im Anschreiben seines Pressesprechers.
Diese Idee gleicht der des Pressesprechers des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister (CDU), der im Wahlkampf 2012 ein komplettes Interview erfunden und es der örtlichen Presse zur Verfügung gestellt hat. Angeblich, um der Presse die Arbeit zu erleichtern.
So kreativ musste Liecke nicht einmal werden. Er hat die Fragen der Kiez und Kneipe lediglich ein wenig umformuliert.

mr

Jakob Mierscheid* meint:

»Wenn Politiker mit ihnen geführte und verschriftlichte Interviews anderen Pressevertretern mit einer veränderten Fragestellung anbieten und um Veröffentlichung bitten, wirkt das nicht nur grotesk, sondern zeugt zu allererst von schlechtem Stil.
Für den von mir 2016 vorgeschlagenen Mierscheid-Preis für positive Politik ist solch ein gewählter Volksvertreter ganz sicher kein Kandidat.«
*Abgeordneter im Deutschen Bundestag