Cremig-frischer Belgier

Viel ist in unserer Käsekolumne von glücklichen Kühen und prächtigen Almen die Rede, doch das Käseuniversum hält natürlich noch ganz andere Delikatessen bereit als Bergkäse. Diesen Monat wollen wir uns den Ziegen widmen. Diese kletterfreudigen und glattfelligen Mitbewohner fressen am liebsten frische, saftige Kräuter und Blättchen, riechen gar nicht mal so streng und: Sie geben Milch, aus der sich fantastische Käse, von topfig frisch bis pikant und hart, machen lassen, die mit einem ganz speziellen, rassig-würzigen Aroma punkten.

Man vermutet, dass Ziegen schon vor rund 13.000 Jahren, lange vor Kuh oder Pferd, im Orient domestiziert wurden, sind sie doch genügsam und günstig zu halten. Über die Mauren kam das Wissen um die Verarbeitung von Ziegenmilch bis nach Mitteleuropa. Insbesondere die Franzosen kultivierten es ab dem Mittelalter und entwickelten bis heute beliebte Ziegenkäsesorten.
In Belgien, Frankreichs
nördlichem Nachbarn, genauer in Werchter in der Provinz Flämisch-Brabant, nordöstlich von Brüssel, gründete Giedo de Snijder 1983 die biologische Ziegenkäserei »Midgard«, die als kleine Bio-Käserei noch ein Exot in der belgischen Käseszene war. Bis 2006 stellten sie unter dem Zauberer-Namen »Merlin« (flämisch: Merlijn) ausgefallene Spezialitäten her, mittlerweile wurde das Wissen an die Ziegenkäserei »Capra« der Familie Verlinden weitergegeben. Die begann ebenfalls in den Achtzigern, aus der Milch ihrer 40 Ziegen erste Käse herzustellen und an Kunden in der Umgebung und auf Wochenmärkten zu verkaufen. Nach größeren Investitionen in die eigene Käserei gilt »Capra« heute als führend, nicht nur in der belgischen Ziegenkäseproduktion.
Ihre Ziegenweichkäse der Marke »Merlin« ähneln dem »Brie belge«, mit cremig-weißem inneren Teig, ummantelt von einer Edelpilzflora. Die bio-organischen Merlins sind alle von Hand geschöpft, aus Milch aus ökologischem Landbau und mikrobiellem Lab hergestellt, und vor allem in den Varianten »Natur« und »Kräuter« der Renner bei Ziegenkäsefans. Der Käse ist rustikal, kompakt und frisch, ob der leicht flaumig-welligen Rinde ein wenig an Topfentorte erinnernd und der Rahmstufe zuzuordnen. Die Kräuterversion ist delikat verfeinert mit Thymian, Rosmarin, Majoran, Bohnenkraut, Basilikum, Oregano und Knoblauch. Die Gaumenzauberer von Zieges Segen sind in Neukölln unter anderem bei Peppikäse zu bekommen und adeln jede Käseglocke.

hlb
Weichselstraße 65