Vergesslichkeit ist ansteckend
Vor nicht allzu langer Zeit wurde mal wieder mein Fahrrad am hellichten Tag während meiner Arbeitszeit aus dem Hinterhof – letztlich vor unser aller Augen – gestohlen.
Dieser Vorfall brachte meine Kollegen und mich dazu, unsere Fahrräder im Büro abzustellen. Hier ist selbstverständlich ein Abschließen überflüssig.
Als meine Kollegin einen Termin im Bezirksamt hatte, fuhr sie wie gewohnt mit dem Fahrrad. Wenige Minuten vor dem Termin rief sie an und teilte uns mit, dass sie ihr gesamtes Schlüsselbund, an dem sich auch der Fahrradschlüssel befindet, im Büro vergessen hatte. Die Zeit, noch einmal in die Firma zu fahren, war zu knapp, denn bei Terminen im Bezirksamt ist Pünktlichkeit nicht nur eine Zier, sondern Voraussetzung für einen gelungenen Gesprächsverlauf.
Ich erklärte mich bereit, ihr Fahrrad anzuschließen. Flink machte sie ein Bild von dem Fahrrad mit dem Standort vor dem Amtsgericht. Per WhatsApp sendete sie es in Windeseile. Und ich fuhr los. Das Fahrrad war anhand des Bildes schnell gefunden, und ich dachte so bei mir, dass sie es vor dem Amtsgericht abgestellt hatte, war bestimmt in der Hoffnung darauf, dass dort weniger geklaut wird, denn wenn das Gericht so nah ist, ist das vielleicht respekteinflößend.
Ich schloss das Fahrrad ab und machte mich auf den Weg ins Rathaus, um dort das Schlüsselbund abzugeben.
Als ich mein Fahrrad abschließen wollte, musste ich feststellen, dass ich meinen Fahrradschlüssel im Büro vergessen hatte. Vor dem Rathaus das Fahrrad unabgeschlossen abzustellen, hielt ich für ausgeschlossen. Die Treppen waren mir zu lang, um das Fahrrad mit ins Rathaus zu nehmen.Das Risiko, es vor dem Amtsgericht abzustellen hielt ich bei dem Pech, das mich phasenweise verfolgt, für zu groß.
Nachdem ich einmal um das Rathaus gefahren war, fiel mir eine Möglichkeit ein. Am Behinderteneingang gibt es einen kleinen Vorraum, der nahezu keine Bedeutung für den Besucherverkehr hat. Dort stellte ich mein Fahrrad ab.
Nachdem der Pförtner sich außerstande sah, das Schlüsselbund anzunehmen, ging ich etwas verzweifelt ins im Rathaus angesiedelte »Neukölln Info Center«. Dort durfte ich die Schlüssel hinterlegen. Mein Fahrrad stand immer noch an dem Ort, wo ich es abgestellt hatte, und ich war froh.