Wie lecker sind deine Nadeln

Alpines Aroma aus Rougemont

Zu den Meistern der Schweizer Käsekultur, die vor allem von Individualisten getragen wird, zählt Michel Béroud. Er betreibt die Käserei »Fleurette« gegenüber der Dorfkirche von Rougemont, einer kleinen Gemeinde im Distrikt Riviera-Pays-d’Enhaut des Kantons Waadt.
Der Endfünfziger übernahm 1988 als Milchkäufer die ortsansässige Käserei, erbaute 2000 eine eigene, größere und hat seither ein gutes Dutzend Käse wie den vielfach prämierten »Tomme Fleurette« kreiert.

NAdelnder Käse.                                                                                                                                                  Foto: hlb

Sein markantester ist aber wohl »La Dzorette«, ein weicher Kuhrohmilchkäse. Dzorette bedeutet »Wäldchen« im Waadter Dialekt. Das passt; denn dieser brieartige Weichkäse wird mit getrockneten, fein geschnittenen Tannennadeln affiniert – und dadurch so raffiniert waldduftig.
Eine Nachbarin sammelt die Rottannennadeln in der Umgebung und röstet sie sanft in der Pfanne, damit sie ihren vollen Duft entwickeln und an den Käse abgeben können. Nach wenigen Tagen wächst eine zarte, edle Weißschimmelrinde wie eine Schneedecke über die Oberfläche und ummantelt den fast schneeweißen Teig. Durch die ätherischen Nadeln bekommt der Käse eine elegant harzig bittere, rosmarinige Note, die aber gut mit seiner rahmigen Frische harmoniert.
Die aromatische Milch bezieht Béroud von diversen Milchbauern aus der Region, die ihre kleinen Fleckviehherden im Sommer auf den üppigen Alpalmen weiden lassen. Er verarbeitet die vollfette Weidemilch natürlich unpasteurisiert zu einem im Mund schmelzenden Käse, der durch die circa zehntägige Kellerreifung auf den Tannennadeln einen unverwechselbar alpinen, aber nicht effekthascherischen Geschmack bekommt. Die Idee zur »Dzorette« entstand zufällig, als Béroud einst zu Neujahr leicht angedudelt ein Käsestück unter den Weihnachtsbaum in die herabgerieselten Nadeln fallen ließ – und das Missgeschick einfach mal probierte. Nach ein paar Experimenten und Verfeinerung war seine Spezialität geboren.
Zunächst in größeren Formaten hergestellt, haben sich etwa 1.200 Gramm pro rundem Laib als perfekt für die Entwicklung des feinmilden Geschmacks und der cremigen Klebrigkeit bewährt. Für Einsteiger gibt es aber auch die 100-Gramm-Mini-Brie-Ausgabe, schnell erkennbar am von einer Erstklässlerin gezeichneten Tannenbaum auf dem Käsepapier. Probieren lässt sich das Wäld­chen zum Beispiel bei »Peppikäse«.

hlb
Käselager
Weichselstraße 65