Ausstellung in der »Galerie im Körnerpark«
Die bettelnde Frau oder musizierende Männer in der U-Bahn: Oftmals werden die Bilder von Roma auf diese Klischees reduziert. »Die anderen Roma sehen wir eigentlich nicht, weil die versuchen, unsichtbar zu bleiben«, sagt der Fotograf Nihad Nino Pušija. Wie ihr Leben jenseits von Vorurteilen aussieht, zeigt er in der Ausstellung »So ist das bei uns – Bilder vernachlässigter Europäer«, die noch bis zum 9. Januar in der Galerie im Körnerpark zu sehen ist.
Pušija hat mit etwa 20 Roma-Familien in ganz Europa Kontakt. Er trifft sich immer wieder mit ihnen und dokumentiert ihr Leben. Viele von ihnen sind wie er selbst vor den Bürgerkriegen auf dem Balkan geflüchtet und versuchen, unter schwierigsten Bedingungen ihr Überleben zu sichern. Ungeschminkt zeigt er den deprimierenden Alltag, aber auch die Familienzusammengehörigkeit und ihre Feste. Mit seinen Fotos schafft er einen Gegensatz zu den folkloristischen, exotischen Stereotypen von Handleserinnen, Tänzerinnen oder Dieben, die in einer digitalen Collage von Bildern alter Meister in einem abgetrennten Raum zu sehen sind.
Gezeigt wird in der Ausstellung neben neueren Bildern, in denen kreative Menschen im Mittelpunkt stehen, auch die Serie »#WeRemember«, in der es um die Verfolgung der Roma unter den Nationalsozialisten und die Einrichtung eines Zwangslagers in Marzahn geht.
In seinen Fotografien setzt sich Pušija auch mit politischen Herausforderungen wie Abschiebung und Integration auseinander. Beispielhaft dafür sind die Brüder Selamet und Kefaet Prizreni aus Essen, die an einer Rapperkarriere basteln.
Kefaet wurde im Kosovo geboren, seine Eltern brachten ihn im Alter von vier Jahren nach Deutschland. Selami wurde in Essen geboren. Im März 2010 wurden die Brüder aus Deutschland in den Kosovo abgeschoben, getrennt von ihren Eltern, ihrem älteren Bruder und von Kefaets Kindern, die alle zurück in Deutschland blieben.
Im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung waren die beiden in Neukölln und berichteten über den Überlebenskampf in einem Land, das ihnen vollkommen unbekannt war. Erst dort in der Fremde sei »Heimat« für sie zum Thema geworden. Sie erzählten von ihrer Verzweiflung, ihrem Kampf um die Rückkehr nach Hause, und ihrem Gefühl, zwischen zwei Welten zu leben.
mr
Rahmenprogramm der Ausstellung
14. November – 18:30
Podiumsdiskussion und Performance
„Selbstbild, Vorbild, Fremdbild“
Nihad Nino Pušija, Dr. Anna Mirga-Kruszelnicka, (stellvertretende Geschäftsführerin des European Roma Institute for Arts and Culture ERIAC), Delaine Le Bas (Künstlerin und Kuratorin) und Markus End (Vorsitzender der Gesellschaft für Antiziganismusforschung) sprechen über die visuelle Repräsentation von Roma und Sinti in Medien, Kunst und Kultur in Europa. Wie entstehen Bilder von und über Roma? Wie kann man als Künstler Stereotype überwinden? Wie weit reicht die künstlerische Freiheit bei politischen Themen? Moderation: Christoph Leucht, Theatermacher und Trainer im ROMACT-Programm des Europarats.
5. Dezember – 18:00
„Bei UNS ist das so – Roma in Berlin Friedrichshain“ – Filmpräsentation und Diskussion
Der im Auftrag von Gangway e.V. entstandene Dokumentarfilm beleuchtet die individuelle Lebenswirklichkeit und das Selbstbild jugendlicher Roma in Berlin-Friedrichshain. Die Filmemacher Robert Kosse und Karoline Priem (RoK Incorporated) und Nihad Nino Pušija diskutieren im Anschluss mit Vertretern von Jugendorganisationen.