Im Rathaus wird aufgeholt

Mehrweggeschirr, geschlossene Brücke & faire Kekse

Weil die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) nach wie vor einen Berg unbearbeiteter Drucksachen vor sich her schiebt, wurde im Oktober wieder zusätzlich zur regulären Sitzung eine Sondersitzung angesetzt.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel nahm das zum Anlass, den Bezirksverordneten ins Gewissen zu reden. Die BVV müsse wieder dahin kommen, Grundsatzfragen und tagesaktuelle Fragen im Plenum zu diskutieren, Fachfragen aber in den Ausschüssen zu behandeln und zu beschließen. Dieses Verfahren wurde in letzter Zeit behindert, da besonders die fraktionslosen BVV-Mitglieder wiederholt die Konsensliste ablehnten. Weil deshalb jeder Linksabbiegepfeil im Plenum diskutiert werden müsse, führe das zu massiver Verzögerung der Arbeit. So werde aktuell noch über Themen aus dem Januar diskutiert. Die hinterfragten Prozesse seien teilweise längst umgesetzt worden, die BVV verzichte damit auf ihre Aufgabe, das Bezirksamt zu kontrollieren.
Neukölln will »Fairtrade Town« werden, und dabei soll das Bezirksamt Vorbildfunktion übernehmen. Die Grünen haben deshalb einen Antrag eingebracht, dass bei Veranstaltungen des Bezirksamtes auf die Verwendung fair gehandelter Blumen und Lebensmittel wie Kekse, Kaffee, Tee oder Säfte geachtet werde. Roland Babilon (BN-AfD) brachte dazu einen Änderungsantrag mit der Forderung ein, biologisch angebaute Produkte aus der Region zu verwenden. Das stärke die örtlichen Produzenten, fördere das Umweltbewusstsein und den Patriotismus. Dieser Spruch veranlasste Christian Hoffmann (Grüne) zu dem Kommentar: »Deutsche, esst deutsche Bananen!«
Der Antrag wurde in seiner ursprünglichen Form mit großer Mehrheit angenommen. Ebenfalls mit großer Mehrheit – gegen die Stimmen der BN-AfD – wurde der Antrag der SPD angenommen, in der Rathauskantine künftig auf Einweggeschirr zu verzichten. Abgelehnt wurde dagegen der Antrag der BN-AfD, das offene WLAN auf dem Rathausvorplatz stillzulegen, weil dadurch gewaltbereite Gruppen angezogen würden. Diesen Zusammenhang konnte niemand nachvollziehen. Diese und andere Anträge waren zuvor bereits in den Ausschüssen beschlossen worden.

Alte Späthbrücke.                                                                                                                                                   Foto: fh

Seit 16 Jahren ist die Späthbrücke gesperrt. Die CDU-Fraktion wollte in einer großen Anfrage wissen, ob der Medienauftritt der damaligen Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey und ihres Treptow-Köpenicker Kollegen Oliver Igel im Frühling 2017 die Brückenöffnung vorangebracht habe.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) ant­wortete ihm, dass das Bezirksamt in dem Fall nicht der richtige Ansprechpartner sei. Die Brücke gehöre der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, und wenn das Land Berlin sie wieder öffnen wolle, müsste der Senat für den Ankauf, die Schaffung von Zugangsrampen und den Unterhalt die Verantwortung übernehmen. Hikel kündigte aber an, dass das Bezirksamt sich weiter für die Öffnung einsetzen werde. Und Almuth Draeger (SPD) empfahl der CDU, sie könne ja selbst ihre Kanäle zum zuständigen Verkehrsminister nutzen, der immerhin aus der Schwesterpartei sei – anstatt der SPD Tatenlosigkeit vorzuwerfen.

mr