Ihre Rechte als Mieter – Einfach erklärt von Kiez und Kneipe

Folge I: Wie man Zähne zeigt bei Mieterhöhungen und Modernisierungen

Die allermeisten Neuköllner sorgen sich, ihre Wohnung bald nicht mehr bezahlen zu können. Viele müssen exorbitante Mieterhöhungen schultern oder ganz wegziehen. Diese Entwicklung lässt sich nicht umkehren, aber immerhin haben Mieter Rechte, die so manche fiese Mieterhöhung abwenden können. »Kiez und Kneipe« hat über viele Schicksale durch Verdrängung berichtet und will nun konkrete Tipps geben. Dafür haben wir uns beim Berliner Mieterverein schlau gemacht.

Bei der »normalen« Mieterhöhung kommt ein Brief des Vermieters ins Haus, der eine höhere Miete verlangt. Die Begründung: Der Berliner Mietspiegel sei gestiegen und rechtfertige die Erhöhung. Doch häufig benennen die Vermieter einen Wert aus dem Mietspiegel, der für die Qualität der Wohnung zu hoch ist. Viele Wohnungen Neuköllns sind nämlich im Seitenflügel oder in einer »besonders lärmbelasteten Lage«, die man geltend machen kann.
So können Sie sich selbst wehren:
1. Nutzen Sie folgende Homepage der Senatsverwaltung und ermitteln Sie den Mietspiegelwert ihres Hauses: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/.
2. Sie bekommen eine Tabelle mit einem unteren, mittleren und oberen Wert der Kaltmiete pro Quadratmeter. Schon mit diesem Schritt können Sie viele Mieterhöhungen abwenden. Denn: Liegt ihre bislang gezahlte Miete über dem höchsten der drei Werte, müssen Sie einer Erhöhung nicht zustimmen.
3. Liegt die bisherige Miete innerhalb der drei Werte, geht es ins Detail: Sie klicken auf den mittleren Wert der Tabelle und kommen zu einer längeren Liste mit Merkmalen zu ihrer Wohnung, etwa, ob eine Lage im Seitenflügel vorliegt, was, ebenso wie die praktischerweise vorausgefüllte »lärmbelästigte Lage«, eine niedrigere Miete bedeutet.
4. Jetzt haben Sie die maximal mögliche Kaltmiete pro Quadratmeter für Ihre Wohnung. Nur bis zu dieser müssen Sie der Erhöhung zustimmen.
5. Seien Sie schnell. Sie haben bis Ende des nächsten Kalendermonats Zeit, der Mieterhöhung zu widersprechen oder ihr teilweise zuzustimmen.
Im Übrigen ist eine Mieterhöhung immer unwirksam, wenn der Vermieter in dem Brief kein konkretes Feld des Mietspiegels benennt. Außerdem: Liegen Mieten noch deutlich unter dem Mietspiegel, was allerdings zur einer echten Rarität geworden ist, darf die Miete in drei Jahren um nicht mehr als 15 Prozent steigen – höchstens bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Und diese können Sie als Leser ja nun selbst errechnen.
Schwieriger, aber keinesfalls hoffnungslos, ist die Lage bei Modernisierungsmaßnahmen, ein Neukölln- und Berlinweit leidlich bekanntes Phänomen. Das Problem: In Folge von Sanierungen können die Mieten stark erhöht werden, was auch auf politische Fehler zurückzuführen ist. Die Mieter sparen zwar ein wenig bei den Heiz- oder Wasserkosten, doch das wiegt die Mieterhöhungen bei weitem nicht auf. Unter dem Strich gewinnen häufig die Eigentümer durch gestiegene Profitabilität der Wohnungen auf Kosten der Mieter.
Doch auch hier können sie sich mit Hilfe von Beratung oft wehren:
1. Das wichtigste ist die kurze Frist. Sie haben bei einer Modernisierungsankündigung nur einen Monat Zeit zu antworten.
2. Trotzdem: Lassen Sie sich nicht sofort unter Druck setzen. Verweigern Sie innerhalb des Monats Handwerkern den Zutritt zu Ihrer Wohnung. Denn sonst stimmen Sie der Modernisierung aus Versehen »freiwillig« zu.
3. Gehen Sie schnell zu einer Beratung eines Mietervereins. Es gibt zum einen gesundheitliche und finanzielle Härten. Zudem werden häufig Baumaßnahmen wie das Neuverputzen der Fassade oder der Austausch maroder Fenster angekündigt, die gar keine Modernisierungsmaßnahmen sind. Mitunter machen Vermieter auch formale Fehler.
Also scheuen Sie nicht die Auseinandersetzung, sondern nutzen Sie Ihre Rechte als Mieter – auch wenn so manche Hausverwaltungen in Neukölln übermächtig erscheinen. Wir von Kiez und Kneipe bleiben dran. In der nächsten Ausgabe: Wie man nach Modernisierungen die erhöhte Miete anfechten kann, wie Sie Mietmängel anzeigen und was Sie bei Kündigungen wegen Eigenbedarf machen können.

sh
Berliner Mieterverein e.V.
Für Neukölln: Hasenheide 63, 10967 Berlin
Täglich offene Sprech­stunde.
Mitgliedschaft: 9,00 Euro / Monat (ermäßigt 4,50 Euro)
Diverse Infoblätter auf der Homepage.