BVV will Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes
Angesichts langer Arbeitszeiten sind viele Menschen dankbar für ausgedehnte Ladenöffnungszeiten. Vielerorts ist der Rund-um-die-Uhr-Verkauf von Montag bis Samstag bereits obligatorisch. Restriktiv ist und bleibt aber die Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen. Genau hierüber gibt es seit längerer Zeit Streit in der Hauptstadt.
Die Spätis, meistens Läden, die Einzelkaufleuten gehören, sehen sich bedroht. Sie stehen Werktags in Konkurrenz zu den großen Supermärkten, deren Preise sie nicht unterbieten können. Sie brauchen daher den Sonntag zur Existenzsicherung. Aus Sicht der Späti-Betreiber besonders schmerzhaft ist die Privilegierung der Tankstellen, die auch sonntags geöffnet haben und ein deutlich größeres Warensortiment anbieten dürfen.
Anja Kofbinger, Neuköllner Abgeordnete der Grünen, setzt sich schon seit längerem dafür ein, die Spätis durch eine Ausführungsvorschrift den Tankstellen gleichzustellen ohne gleich das ganze Ladenschlussgesetz zu kippen. Das würde den Spätis nämlich auch nicht helfen, weil sie dann auch sonntags dem Konkurrenzdruck der Discounter ausgesetzt wären.
Nun hat sich auch die Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV) dieses Themas angenommen. In ihrer Sitzung vom 30. Mai diskutierte sie den Antrag der FDP, das Bezirksamt aufzufordern, sich im Rat der Bürgermeister dafür einzusetzen, das Verkaufsverbot an Sonn- und Feiertagen aufzuheben.
Die Linke konnte sich für diesen Antrag gar nicht erwärmen. »Der Sonntag gehört der Familie« und die Liberalisierung des Ladenschutzgesetzes sei arbeitnehmerfeindlich, argumentierten verschiedene Redner.
Schützenhilfe erhielten sie von der AfD. »Wer so unorganisiert ist, dass er in der Woche nicht einkaufen kann, dem ist nicht zu helfen«, sagte Stephan Piehl. Sein Parteikollege Andreas Lüdecke unterstellte gar, es ginge darum, den Sonntag abzuschaffen.
Mirjam Blumenthal von der SPD wies darauf hin, dass die bereits jetzt schon weitgehende Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes zur Verschlechterung der Arbeitnehmerrechte geführt habe. »Wir haben die Aufgabe, auch die Ladeninhaber zu schützen«, mahnte sie.
CDU und Grüne dagegen vertraten die Meinung, es sollten zumindest Ausnahmeregelungen geschaffen werden, damit Spätibetreiber selbst entscheiden können, ob sie an Sonn- und Feiertagen öffnen oder nicht. Neukölln sollte hier ein Zeichen setzen.
Am Ende wurde der Antrag mit knapper Mehrheit beschlossen. Die CDU, die Grünen, die AfD-Neu, die FDP und die Hälfte der SPD-Verordneten stimmten dafür. Die AfD, die LINKE, und die andere Hälfte der SPD war dagegen.
mr