»Fahrradspur statt Blutspur«

Sczcepanski steht auf Fahrradspuren.                                                                                                        Foto: mr

Grüne fordern geschützte Radstreifen auf der Karl-Marx-Straße

Farblich markierte Fahrradstreifen auf der Fahrbahn werden von Autofahrern eher als zweite Parkreihe missbraucht, als dass sie tatsächlich den Radfahrern zugute kommen.
Das ist beim kürzlich freigegebenen Neubau der Karl-Marx-Straße täglich zu beobachten. Radfahrer müssen sich hier im Sla­lom um parkende Autos herum manövrieren und sich dabei in den fließenden Verkehr einfädeln. Zusätzlich haben sie mit plötzlichen Türöffnungen zu rechnen. Noch schlimmer sieht es auf dem nördlichen Teil zwischen Rathaus und Hermannplatz aus, wo es überhaupt keinen Radstreifen gibt.
Am 23. Juni, dem »Tag der Verkehrssicherheit«, startete die »Grüne Jugend«, unterstützt vom »Netzwerk Fahrradfreundliches Neukölln« und den Berliner Abgeordneten der Grünen Antje Kapek, Stefan Taschner und Georg Kössler, die Protestaktion »Protected Bike Lane«. Für die Aktion wurde nördlich der »Neukölln Arcaden« eine Fahrspur durch Verkehrshütchen für den Autoverkehr gesperrt und damit ein geschützter Radstreifen geschaffen. Ein Transparent mit der Aufschrift »Fahrradspur statt Blutspur« machte die Verkehrsteilnehmer auf die Forderung der Grünen aufmerksam.

Einfall gegen Unfall.                                                                                                                                             Foto: mr

»Viel zu lange ist nur für Autos geplant worden, Zeit, das zu ändern«, sagte Antje Kapek. »Radfahrer sind mit die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Wir müssen sie schützen, und das geht offensichtlich nur mit Fahrradstreifen, die mit Pollern abgetrennt sind«, sekundierte Stefan Taschner.
Die Zeit bis zum endgültigen Umbau des Teilstücks zwischen »Arcaden« und Hermannplatz solle deshalb dazu genutzt werden, verschiedene Formen geschützter Radstreifen auf ihre Praxistauglichkeit zu testen.
Die Grünen sind davon überzeugt, dass eine bessere Fahrradinfrastruktur die Attraktivität der Karl-Marx-Straße für den Einzelhandel deutlich steigern würde. Denn selbst wenn Parkplätze wegfielen, würden die Geschäfte erheblich profitieren durch die zusätzlichen Kunden, die mit dem Rad kommen. »Der Bürgermeister muss sich trauen, Parkplätze wegfallen zu lassen und eine »Protected Bike Lane« zu bauen«, fordert ein Vertreter der »Grünen Jugend«.
In der aktuellen Debatte gibt es auch gute Argumente gegen einen abgetrennten Fahrradstreifen. So befürchtet die Feuerwehr, bei Einsätzen nicht nah genug an die Gebäude heranfahren zu können. Deswegen wurde an den bereits fertig gestellten Teilstrecken der Karl-Marx-Straße kein mit Pollern abgetrennter Radweg eingerichtet.
Daran werde sich auch zukünftig nichts ändern, der Brandschutz habe in jedem Fall Priorität. Das sagte Bezirksbürgermeister Martin Hikel in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 27. Juni in der Antwort auf eine Große Anfrage der Linken. Auf dem nördlichen Teil der Karl-Marx-Straße werde jedoch ein geschützter Radstreifen getestet, versprach er.
»Der Umbau der Karl-Marx-Straße ist ein Erfolg«, sagte er weiter. Durch die Verbreiterung des Fußweges, die Einrichtung des Radweges und die allgemeine Verkehrsberuhigung hätten alle Verkehrsteilnehmer Vorteile. Häufige Kontrollen seitens des Ordnungsamtes hätten dafür gesorgt, dass der Radweg seltener zugeparkt werde. »Die Menschen sind fähig zu lernen«, meinte er.
Thomas Licher, Fraktionsvorsitzender der Linken, hatte da noch einige Vorschläge, wie der Lerneffekt verstärkt werden könnte: »Konsequent abschleppen, das tut weh«, meinte er und forderte einen bezirklichen Abschleppdienst. »Bis der da ist, ist der Zweite-Reihe-Parker aber meistens schon weg«, gab Hikel zu bedenken.

mr