Geborgenheit schenken

Die aufregende und bereichernde Tätigkeit von Pflegeeltern

Das Telefon klingelt: »Frau R., wir haben hier einen einjährigen Jungen, die Mutter kann ihn momentan nicht versorgen, können Sie ihn aufnehmen«? Meine Gedanken rasen: Welche Termine haben wir, ist das Reisebett noch auf dem Boden, schaffen wir es von eben auf gleich, uns rund um die Uhr um einen Einjährigen zu kümmern, ist er ein ruhiges Kind oder wird er die ganze Zeit durch die Wohnung toben, wird er die ganze Zeit nach seiner Mutti weinen, ist er traumatisiert, schläft er, was braucht er, Windeln, Autositz, was zu essen, Spielsachen, jemanden, der ihn hält, einfach in den Arm nimmt, ihn weinen lässt, ihn tröstet, wird er es wollen…

Pflegefamilientag mit Falco Liecke.                                                                          Foto: Pflegeeltern im Kiez

Nichts wissen wir, nur ein kleiner Mensch, der ganz dringend jemanden braucht. Kein Heim, keine ständig wechselnden Betreuer, keine fremde Nachtwache, wenn er nachts nach seiner Mutter weint. Auch wir sind Fremde für ihn, aber wir sind da, wir bleiben und gehen auch nicht weg, er braucht Verlässlichkeit, regelmäßiges Essen, Ablenkung vom unendlichen Schmerz des Verlassenseins. Freude, Optimismus, alles wird gut, auch wenn wir nicht wissen, wie das gut für ihn aussehen wird… Ich höre mich »Ja« sagen, »wann werden Sie das Kind bringen, wie heißt er überhaupt, ach in zwei Stunden…« Adre­nalin überkommt mich, schnell noch mal den Besen schwingen, wer weiß, ob ich morgen noch dazu komme. Freude steigt auf, jetzt schnell die Kinder informieren, zum Glück weiß ich, dass ihnen das kein Problem sein wird. Hoffentlich fühlt er sich wohl bei uns und wir können ihn gut eine Weile begleiten. Vielleicht nur eine Woche, einen Monat, oder länger, bis es der Mutti besser geht oder eine liebevolle Familie gefunden wird, ein Ort, wo er behütet aufwachsen darf, wo er bleiben kann. Vor einigen Jahren haben wir uns für ein Leben mit Pflegekindern entschieden, es war und ist nicht immer leicht, aber ja, wir würden uns immer wieder dafür entscheiden.

jr
Weitere Informationen unter.
http://www.pflegekin­der­imkiez.de/
https://www.pflegekinder-berlin.de