Neukölln macht Ernst mit Dieselfahrverbot

feierliche Übergabe der blauen Plakette im Rathaus.                                                         Fotomontage: fh

Lastenfahrräder statt Stickstoffoxidschleudern

Von vielen befürchtet, aber auch von vielen begrüßt, wird das Dieselfahrverbot in Neukölln nun umgesetzt. Im Schulterschluss von Senat und Bezirk wurde dieser Beschluss zum 1. April gefasst. Somit ist Neukölln wieder einmal Vorreiter für die gesamte Republik.
Überschreiten die Stickstoffoxide für die ausgewählten und besonders belastesten Straßen Hermannstraße, Karl-Marx-Straße, Silbersteinstraße und Sonnenallee die gesetzlich vorgegebenen Werte, tritt das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Kraft.
Um dessen Umsetzung fürchtet der Neuköllner Abgeordnete Georg Kössler (Grüne) im Senat nicht: »Wir haben die besondere Verantwortung, die Menschen in Gebieten zu schützen, die den höchsten Krankenstand aufweisen und die Ärmsten in Neukölln sind. Insofern können wir durchaus auf Verständnis und Rücksichtnahme der Autofahrer bauen.«
Auch Baustadtrat Jochen Biedermann unterstützt das Vorhaben: »Neukölln ist flexibel und kommt damit klar, da bin ich mir ganz sicher.«
Geplant sind an den besonders belasteten Tagen Straßensperren, die schon von der Polizei vorbereitet werden. Von 5 Uhr bis 24 Uhr müssen sich Dieselfahrzeuge dann andere Wege suchen.
Das rief bereits im Vorfeld Gewerbetreibende, aus Nordneukölln in den Widerstand: »Wie soll ich meine Märkte mit Käse beliefern, wenn ich diese Straßen nicht nutzen darf?« so ein Geschäftsmann. Darauf gab es bald dank der Grünen eine Anwort. Es werden Lastenfahrräder mit Elektroantrieb zur Verfügung gestellt, die eine Last von bis zu 300 Kilogramm transportieren können. Sie werden auf bewachten Parkplätzen wieder aufgeladen. Das beruhigte das Gewerbe. Allerdings sollen schon einige Misstrauische im Fitnesscenter gesichtet worden sein.
Für alle dieselfreien Autofahrer bedeutet dies nun aber nicht, sich in Ruhe zurücklehnen zu können, denn »Nein, die blaue Plakette ist die Einstiegsdroge in Fahrverbote. Und da ich gegen Fahrverbote bin, ist es nur logisch, dass es auch keine blaue Plakette gibt«, sagt der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU in einem Interview mit der Zeitschrift »Autobild«. Das heißt in der Konsequenz, dass kein Auto, egal wie es betrieben wird, ob Benzin, Gas Diesel oder Elektro, in der Schmuddelzone fahren darf.
Dazu der frisch gekürte Bürgermeister vonNeukölln Martin Hikel (SPD): »Ich bin mir sicher, dass die Neuköllner sich auf neue Fußgängerzonen freuen und Begegnungen unter Nachbarn gefördert werden. Dafür muss ich mich ausnahmsweise bei der CSU bedanken.«

ro