Programm »Soziale Stadt« läuft aus

Das Ende dreier Quartiersmanagementbüros

Nachdem der Reuterkiez 2018 aus der zeitlich begrenzten Städtebauförderung des Programms »Soziale Stadt« herausgefallen ist, geschieht dies 2020 dem Schiller- und dem Körnerkiez sowie der Gropiusstadt.
Städtebauförderprogramme sind grundsätzlich zeitlich begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten für besonders benachteiligte oder strukturschwache Gebiete. Die juristische Grundlage für die »Soziale Stadt« ist der § 171e des Baugesetzbuches. Das Programm »Soziale Stadt« ist auf Bundesebene dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zugeordnet, auf Neuköllner Bezirks­ebene der Abteilung Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste.
Das Programm »Soziale Stadt« soll der Stabilisierung und Aufwertung benachteiligter Ortsteile dienlich sein. Zur Umsetzung werden Quartiersmanagement-Büros vor Ort in den Kiezen eingerichtet. Die gewünschten kiezbezogenen Maßnahmen werden turnusmässig geprüft, überarbeitet, angepasst und in kiezspezifischen »Integrierten Handlungs- und Entwicklungskonzepten« (IHEK) festgehalten. Daraus entstehen vielerorts konkrete Vorhaben und Projekte, von der Baumscheibenbepflanzung bis zur Umgestaltung von Schulhöfen, sowie zeitlich und finanziell begrenzte Unterstützung sozialer Projekte wie Nachbarschafts­treffs, kleinerer und grösserer Bildungsaktionen oder die Entwicklung von themenspezifischen Netzwerken.
Dies geschieht unter Einbeziehung der im Kiez lebenden Bevölkerung, sprich mittels vielgepriesener Bürgerbeteiligung. Die Anwohner bilden Quartiersräte, stimmen über Projekte und Aktionen ab. Bedauerlicher- und verständlicherweise beteiligt sich der unterprivilegierte Teil der Bevölkerung nur selten und kurzzeitig, da die ganze Kraft und Zeit zur Sicherung der Existenz benötigt wird.
Zur Unterstützung dieser Menschen müssen andere Mechanismen greifen, um die negativen Folgen gesellschaftlicher Benachteiligung und struktureller Diskriminierung zu mildern. Dies bräuchte ein neues Verantwortungsgefühl aller Beteilig­ten, stärkeren sozialen Zusammenhalt und eine offenere Begegnungskultur. Diese könnte möglicherweise über Gemeinwesenarbeit geschehen, die direkter ansetzen und mehr auf die Menschen zugehen müsste.
Mit der benötigten Direktheit vor Ort ist das Programm »Soziale Stadt« strukturell überfordert und hat den Kampf gegen die Armut nicht gewonnen. Die chronisch unterbesetze Verwaltung hat sich die Ziele sehr hoch gesteckt und arbeitet oft an der Belastungsgrenze. Nun steht sie die nächsten zwei Jahre vor der Aufgabe, in drei Kiezen in Neukölln – siehe oben – die vorhandenen Möglichkeiten zu erhalten und die Aufgaben zwischen Anwohnern, Initiativen, Vereinen und Verwaltung zu koordinieren. Schön wäre es, würden dabei neue Möglichkeiten geschaffen, das Gemeinwohl, ebenso wie Gemeinwohlökonomie, in den Vordergrund zu stellen.
Alle gemeinsam stehen wir in »unseren Kiezen« vor einer Daueraufgabe ohne Dauerlösung. Jeder ist gefragt, mitzuwirken.
bs