Eine Luftartistin, gekleidet in schwarzem Lack, windet sich lasziv an langen roten Tüchern in die Höhe und philosophiert dabei über das Leben als Hure. Unter ihr entert ein 20-köpfiges Tanzensemble die Bühne und präsentiert in eindeutigen Posen worum es hier geht: käuflichen Sex und dunkle Geschäfte. Wir sind mitten drin in »La BETTLEROPERa«, der neuen Inszenierung, mit der die Neuköllner Oper ihr 40-jähriges Bestehen feiert.
Inhaltlich lehnt sich das Stück an John Gays »The Beggar’s Opera« aus dem Jahre 1728 an, die schon Kurt Weill und Bertolt Brecht zu ihrer »Dreigroschenoper« inspirierte. Es geht um Polly, die Tochter von Gangsterboss Peachum, die in romantischer Liebe dem Dieb Macheath verfallen ist und ihn heiraten will. Das ist ihrem Vater so gar nicht recht, der selber entscheiden will, wer die Tochter bekommt. Er beschließt, den potentiellen Schwiegersohn loszuwerden, indem er ihn den Justizbehörden übergibt. Lucy, die Tochter des Gefängnisdirektors, ist ebenfalls in Macheath verliebt und verhilft ihm zur Flucht. Es hilft nichts, er wird wieder eingefangen und am Ende seiner Strafe zugeführt.
Die Inszenierung ist eine Gemeinschaftsarbeit der Neuköllner Oper mit der Italienerin Michela Lucenti, die Choreografie und Regie verantwortet, und ihrer Kompagnie »Balletto civile«. Daneben stehen Künstler aus der freien Berliner Theaterszene auf der Bühne. Gesprochen und gesungen wird in einem wilden Mix aus Italienisch, Deutsch und Englisch. Das ist teilweise übertitelt, wird aber auf Dauer anstrengend. Außerdem entgeht jemandem, der auf die Texte achtet, vieles von dem, was auf der Bühne vor sich geht, denn da passiert so einiges nebeneinander.
Das Bühnenbild von Sabrina Rosetto besteht aus Plexiglasboxen, die immer wieder verschoben und auf unterschiedlichen Ebenen angeordnet werden, und in denen sich gleichzeitig das Ehepaar Peachum streitet, die Huren ihre Freier beglücken oder Macheth eingekerkert ist. Es wird gekeift, gestritten, geschrien und getanzt. Das geht selbst in der Pause noch weiter.
Den musikalischen Part übernimmt die Musiktruppe »Freiraum Syndikat« mit Violoncello, E-Gitarre und zwei Blockflöten.
Einen Musiktheatertanz nennt Komponist Moritz Eggert sein Werk, für das er 28 Songs geschrieben hat, die aus Pop, Rock und Musical zitieren. Ein neuer Ohrwurm ist allerdings nicht dabei.
mr