Neuköllner Haushalt beschlossen

Alle Jahre wieder: Verschleierungsvorwurf

Bevor sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 20. September über den Doppelhaushalt für 2018/2019 verständigen konnte, musste Jugendstadtrat Falko Liecke erklären, warum er erst in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses am Vortag ein Defizit von 4,1 Millionen Euro in der Abteilung Jugend bekannt gegeben hatte, obwohl dies bereits seit Monaten bekannt war. Diese fehlende Transparenz gefährde den Haushalt, sagte Martin Hikel, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Er informiere die BVV über Prognosen, wenn er der Meinung sei, sie seien kritisch, antwortete der Stadtrat. Das seien sie seiner Ansicht nach nicht, denn auch in den Vorjahren seien die Prognosen zu diesem Zeitpunkt schlecht gewesen. Trotzdem habe die Abteilung am Ende des Jahres meist positiv abgeschlossen. Fehlende Transparenz vermochte er nicht zu erkennen.
Bei der folgenden Debatte über den Haushalt gab es überwiegend Zustimmung zur vorgelegten Planung. Mit über 900 Millionen Euro ist er größer als je zuvor. Allerdings sind wie in den vergangenen Jahren rund 75 Prozent für Sozialausgaben veranschlagt.
»Der Haushalt atmet Bürgernähe«, sagte Martin Hikel, auch wenn nur ein Bruchteil für die politische Schwerpunktsetzung verwendet werden könne und viele Wünsche auf der Strecke geblieben seien. Aber es gehe in die richtige Richtung.
Es wird mehr Geld für die Wohnungslosenhilfe und die Kältehilfe für Obdachlose geben, die Mieterberatung in Milieuschutzgebieten wird aufgestockt. Das Projekt »Stadteilmütter«, bei dem geschulte Frauen Familien im Bezirk aufsuchen und mit den Eltern über Gesundheit, Ernährung, Bildung und Kindererziehung ins Gespräch kommen, wird fortgesetzt und es wird mehr Personal eingestellt. Dafür wird auch ein neues Bürogebäude angemietet. »Das alles wird noch nicht ausreichen, um die Folgen der Kaputtsparerei vieler Jahre zu beseitigen, aber es geht jetzt in die richtige Richtung«, sagte Gabriele Vonnekold (Die Grünen).
Auch Gerrit Kringel, Fraktionsvorsitzender der CDU nannte den Entwurf verantwortungsvoll. Die Schwerpunkte seien richtig gesetzt.
Das sah Thomas Licher von der Linken nicht ganz so. Besonders den Wachschutz würde er gerne abschaffen zugunsten von mehr pädagogischem Personal in den Schulen. Der sei zwar nicht schön, entgegnete Bezirksbürgermeisterin Franzisaka Giffey, aber unverzichtbar. Viele Mitarbeiter der Ämter hätten nach wiederholten, teils bewaffneten Angriffen Angst. »Das Problem lösen wir nicht, indem wir es negieren.«
Die FDP lehnt besonders die Aufstockung der Mittel für den Milieuschutz ab, und Anne Zielisch (Fraktionslos/AfD) forderte, die Stadtteilmütter abzuschaffen. Weil einige der Ausbilderinnen Kopftuch tragen, seien sie der Integration abträglich.
Mit den Stimmen der SPD, Grünen und der CDU wurde der Haushalt beschlossen. Die AfD und die Linken stimmten dagegen, die FDP enthielt sich.

mr