Britz ist bunt

Laut, rhytmisch und fröhlich in der Pfingstkirche

Immer sonntags fallen vor der Kirche »zum heiligen Schutzengel« in Britz, die stets festlich gekleideten Menschen auf. Die Vermutung, sie würden dort am katholischen Gottesdienst teilnehmen, ist falsch, denn den gibt es dort nicht mehr. Das katholische Erzbistum Berlin Brandenburg legte die stark geschrumpfte Gemeinde mit einer anderen in Britz zusammen, entwidmete 2011 die Kirche und verkaufte sie aus Kostengründen.

Gott ohne Vorgaben.                                                                                                                                             Foto: rr

Sie heißt nun »Cathedral of Prayer« und ist im Besitz einer freien, lutherischen Pfingstgemeinde. Diese christliche Glaubensgemeinschaft formierte sich um Pastor Kingsley Nimo und ist eine selbständige Tochtergemeinde des christlichen Zentrums, dem die Kirche am Südstern gehört.
Das Selbstbewusstsein von Migrationskirchen, sowie auch ihre Bedeutung wuchsen in den letzten 25 Jahren deutlich. Es gibt inzwischen in Berlin 40 unabhängige afrikanische Gemeinden.
Kingsley Nimo kam 1981 zum BWL Studium aus Ghana nach Hamburg, fand dabei zum Glauben und wurde dann Pastor. Lächelnd erzählt er in gutem Deutsch, dass zu Kolonialzeiten Missionare nach Ghana gegangen seien, um seine Vorfahren zum christlichen Glauben zu bekehren. Das wohlhabende Deutschland habe mehrheitlich Jesus vergessen, und er als Ghanaer sehe nun seine Mission darin, das zu verändern.
Pastor Nimo kündigte 2005 eine »missionarische Großoffensive« an. Mit Erfolg. Seine Gemeinde hat etwa 200 Mitglieder, überwiegend aus afrikanischen Staaten, aber auch aus anderen Teilen der Welt. Beim Gottesdienst, den ich auf seine Einladung hin besuchte, bekam ich das Gefühl, dass sie alle anwesend waren. Erfreulich der Anblick, wie ungezwungen und selbstverständlich sich die zahlreichen Kinder zwischen den betenden Erwachsenen bewegen durften. Beeindruckend auch der fast durchgehend gemeinsame, rhythmische, stets fröhliche Gesang. Die spürbare intensive Freude am fast vorgabenfreien Gottesdienst unterscheidet sich grundlegend, schon von der Lautstärke, von den gewohnten Zeremonien in katholischen oder evangelischen Gottesdiensten.
Zu mir setzte sich ein älteres Ehepaar, Mitglieder der nahen Neuapostolischen Kirche. Sie folgten höflich einer Gegeneinladung. Nicht nur vom Gospelgesang überfordert und sichtlich befremdet, verließen sie kurz darauf den Gottesdienst wieder. Die Frau murmelte entschuldigend in meine Richtung: »Das ist uns hier einfach zu laut«.

rr
Cathedral of Prayer, Alt-Britz 41