Was war geplant
Die Kiez und Kneipe Neukölln musste die Veranstaltung mit Andreas Wild, Bundestagskandidat der AfD Neukölln, absagen.
Für diesen Abend war das Thema Senioren, Renten, Mieten und Wohnungsbau geplant. Als Gesprächspartnerin des AfD-Kandidaten hatte sich Sylvia-Fee Wadehn bereit erklärt. Sie ist Geschäftsführerin des »MoRo Seniorenwohnanlagen e.V.« und politisch sehr aktiv.
Ganz bewusst hat die Kiez und Kneipe das »Schillers« als Veranstaltungsort gewählt. Dem Publikum sollte auf diese Art die Möglichkeit gegeben werden, das Programm der AfD kritisch zu hinterfragen, denn hier vermuteten wir die kritischen Geister. Diese Chance wurde vertan.
ro
Wir über uns
Wie arbeitet die Kiez und Kneipe Neukölln
Die Kiez und Kneipe Neukölln arbeitet ohne Entlohnung. Alles, was wir für die Zeitung tun, machen wir aus Freude an der Zeitung.
Unser Selbstverständnis ist zutiefst demokratisch. Wir sind gegen Gewalt von Rechts und von Links. Und wir schauen nicht weg, wenn uns die Realiät nicht gefällt.
In diesem Sinne ist die Idee entstanden, zu den Bundestagswahlen Kneipengespräche mit den Kandidaten und einem Neuköllner Bürger zu führen. Das sollte die Meinungsbildung der Neuköllner für die Wahlen fördern.
Von allen Parteien wurde unser Handeln nicht nur gebilligt, sondern aktiv unterstützt.
Wegen der geplanten Veranstaltung mit der AfD sind wir auf das Übelste beschimpft und bedroht worden. Das hat uns entsetzt. Aber es gab auch andere Stimmen. Von politischer Seite, von Anzeigenkunden, von der Kiez und Kneipe Kreuzberg und von Nachbarn bekamen wir Unterstützung. Sie erklärten sich mit uns solidarisch und brachten ihre Bestürzung über die Radikalität, mit der wir angegriffen wurden, zum Ausdruck.
Dafür möchten wir uns bedanken.
ro
In eigener Sache
Absage des »Kneipengesprächs« mit AfD-Kandidat Andreas Wild am 16. Mai 2017
Die Kiez und Kneipe Neukölln hat bereits zur Bundestagswahl 2013 ein eigenes Format entworfen, um mit den Neuköllner Bundestagskandidaten in einen kritischen Dialog zu treten – die »Kneipengespräche«. Jeder Kandidat war in eine Kneipe zum Gespräch mit einem Neuköllner Bürger eingeladen, die anwesenden Gäste konnten in die Diskussion eingreifen. Ausgewählt wurden die Parteien, die einen Sitz in der Bezirksverordnetenversammlung hatten. Auch für die anstehende Bundestagswahl war dieses Format wieder geplant.
Es fiel uns nicht leicht, auch die AfD zu einem solchen Gespräch einzuladen, aber unser demokratisches Verständnis und unsere journalistische Überzeugung, dass die Bundestagskandidaten der in die Bezirksverordnetenversammlung gewählten Parteien – CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen, LINKE, FDP und AfD – zu Wort kommen und sich den Bürgern des Bezirks stellen sollten, bewegte uns zu diesem Schritt. Der AfD-Bundestagskandidat für Neukölln ist Andreas Wild, der in der Vergangenheit durch völkische und rassistische Parolen auffiel, von denen auch wir uns bekanntermaßen distanzieren.
Viele Neuköllner zeigten Interesse an der für den 16. Mai im »Schiller’s« geplanten Veranstaltung, einige hatten nachvollziehbare Bedenken, sie könne zu einer Propagandaveranstaltung missbraucht werden, wieder andere versuchten, sie ganz zu verhindern. Nachdem wir diverse Drohungen erhielten, die Kiez und Kneipe Neukölln in ihrer wirtschaftlichen Existenz zu vernichten, einzelne Redaktionsmitglieder Androhungen bis hin zu körperlicher Gewalt ausgesetzt waren, und auch unsere Anzeigenkunden angehalten wurden, uns etwa durch Anzeigenboykott zur Absage der Veranstaltung zu bewegen, sahen wir uns gezwungen, die Veranstaltung abzusagen.
Leider, aber konsequenterweise hat dies zur Folge, dass auch alle weiteren mit den Bundestagskandidaten geplanten Gespräche sowie die geplante Kiez und Kneipe-Sonderausgabe zur Wahl abgesagt werden müssen. Wir bedauern, dass demokratisches journalistisches Verhalten von einigen Menschen in Neukölln mit dem Argument des Schutzes der Demokratie, aber eben auch mit Mitteln der Einschüchterung und Gewaltandrohung verhindert wurden.
Berlin Neukölln,
im Mai 2017
Die Redaktion der Kiez und Kneipe Neukölln