Wenn nach dem Krankenhausaufenthalt nur noch die Straße wartet
Fast immer, wenn ich in der U8 sitze, ziehen auch Bettler, Straßenzeitungsverkäufer oder Musiker durch das Abteil. Die U-Bahn-Ausgänge säumen oft Obdachlose. Wenn die »Fälle« im eigenen Umfeld näherrücken, wird es langsam beängstigend. Eine Frau verliert in der psychischen Krise ihre Wohnung. Ein Mann, der nach jahrelanger Stabilität auch in eine Krise gerät, wird selbst mit Betreuer seine Wohnung los. Ein Mann büßt während eines langen Psychia-trieaufenthaltes seinen betreuten Wohnplatz ein, wird aus dem Krankenhaus auf die Straße entlassen.
Mir sind Fälle bekannt, bei denen das Sozialamt ein Betriebskostenguthaben oder einen Zuverdienst abzog, obwohl auf den Konten der Betroffenen gar keine Gelder eingegangen waren. Wer dagegen nicht vorgeht, kann letztlich die Miete nicht zahlen, da auf dem Konto plötzlich Ebbe ist. Viele können sich aber nicht wehren, weil sie zu alt und krank sind.Mir sind Fälle bekannt, bei denen Menschen aus Scham nicht zum Amt gehen, obwohl sie einen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, beispielsweise weil die Rente zu niedrig zum Leben ist.
In der Bürgersprechstunde am 23. März erklärte der Stadtrat für Soziales und Stadtentwicklung, Jochen Biedermann, dass in Neukölln gerade ein »Präventionskonzept Wohnungserhalt« erarbeitet wird. Zudem soll es im Nachbarschaftstreff in der Mahlower Str. 27 wöchentlich eine zweistündige Wohnungsnotfallsprechstunde mit Sozialarbeitern geben. Außerdem ist eine niedrigschwellige Informationsbroschüre zu dem Thema geplant, ebenso ein Modellprojekt zur aufsuchenden Sozialarbeit, da über die soziale Wohnhilfe oft viel zu spät informiert wird. So ist bekannt, dass viele Betroffene ihre Post nicht mehr öffnen und deshalb Infos bei ihnen nicht mehr ankommen.
Was könnte der Bezirk noch tun? Zunächst einmal die Ämter anweisen, dem Wohnungserhalt Priorität einzuräumen. Die Krankenhäuser sollten nicht in die Obdachlosigkeit entlassen, sondern besser mit der Wohnungslosenhilfe zusammenarbeiten. Im Neuköllner Krankenhaus gibt es ein Modellprojekt, das allerdings nur fünf Plätze für »psychisch kranke« wohnungslose Menschen im Obdachlosenheim »Teupe« bereitstellt.
Das »Bündnis solidarische Stadt« (https://solidarischestadt.wordpress.com) fordert einen Nothilfefonds und Wohnungslotsen. Der angespannte Wohnungsmarkt wird dadurch zwar nicht grundlegend besser, aber wenigstens kleine Schritte wären getan.
Anna S.