PEN-Vizepräsident ruft zu Solidarität mit verfolgten Autoren auf
Weltweit sitzen mehr als 800 Autoren im Gefängnis, weil sie Texte geschrieben haben, die ihren Regierungen missfallen. An sie sollte die Veranstaltung im Museum Neukölln »Writers in Prison – Zur Situation inhaftierter Autor*innen« am 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte erinnern. Es war die letzte Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung »Die Magie des Lesens«, die am 30. Dezember endete.
»Freiheit ist die Grundbedingung der Demokratie«, sagte Udo Gösswald, Leiter des Museums. Er erinnerte daran, dass sich viele Autoren, deren Bücher in der Ausstellung vertreten waren, für die Freiheit einsetzten.
Sascha Feuchert, Vizepräsident des PEN-Zentrums Deutschland und Beauftragter für »Writers in Prison«, erläuterte anhand einiger Beispiele die besorgniserregende Lage regimekritischer Autoren.
In der Türkei seien seit dem Putsch mehr als 150 Journalisten inhaftiert worden, Zeitungen wurden eingestellt, Webseiten geschlossen. Aber auch in China, Saudi-Arabien, dem Iran oder Ägypten werden missliebige Schriftsteller mundtot gemacht.
Der Literaturwissenschaftler und Essayist, Liu Xiaobo, der 1989 an den Protesten auf dem Tian’anmen-Platz teilnahm und 2008 das Bürgerrechtsmanifest Charta 08 mit unterzeichnete, wurde 2009 zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. Sein langer gewaltloser Kampf für den Schutz der universalen Menschenrechte und der grundlegenden Bürgerrechte in der Volksrepublik China wurde 2010 mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt. Der saudische Blogger Raif Badawi wurde für seine Gedanken über Politik, Religion und Freiheit, die er im Internet verbreitete, zu einer zehnjährigen Haftstrafe und 1000 Peitschenhieben verurteilt – eine Hinrichtung auf Raten. In Ägypten wurde der Autor Ahmed Naji wegen Verletzung des öffentlichen Anstandsgefühls zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.
Das Duo Dong-West, bestehend aus der Sängerin Vivien Lee und dem Pianisten Volker Greve, begleitete den Abend mit eigenen Vertonungen von Texten der iranischen Lyrikerin Mahvash Sabet. Die Lehrerin und Dichterin sitzt eine 20-jährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis in Teheran ab. Sie zählt zu den sieben führenden Vertretern der Bahai-Gemeinde, die seit 2008 wegen ihres Glaubens und ihrer Aktivitäten in der Bahai-Gemeinschaft inhaftiert sind.
»Wir sind aufgerufen, die Inhaftierten zu unterstützen und nicht zu schweigen, um vielleicht ein Flüchtlingsproblem zu lösen«, sagte Feuchert. Ganz konkret heiße das, Öffentlichkeit herzustellen, denn Diktatoren scheuen öffentliches Aufsehen. Das sei aber auch eine wichtige Botschaft an die Betroffenen selbst, damit sie merken, sie sind nicht vergessen. Außerdem führten Berichte über die Zustände in den Gefängnissen bisher häufig dazu, dass die Wärter freundlicher und die Haftbedingungen etwas erträglicher wurden. »Teilen Sie zum Beispiel unsere Meldungen bei Facebook und Twitter«, rief er die Zuhörer auf. mr