Sozialer Wohnungsbau auf Friedhofsflächen
Auf der Suche nach freien Flächen, die neu bebaut werden können, ist die Friedhofsverwaltung fündig geworden. Die Stadt wird zwar voller, die Friedhöfe hingegen leerer. Die Ursache dafür ist der Wandel in der Bestattungskultur. Günstige Urnenbestattungen nehmen zu, zu Lasten der flächenraubenden Erdbestattungen.
Die evangelische Kirche, die die größten Friedhofsflächen in Berlin verwaltet, kann davon profitieren. Insbesondere auf den Friedhöfen in der Hermannstraße bewegt sich viel in Richtung Bau.
Auf dem Jacobi Friedhof ist eine Schule geplant, die ursprünglich auf dem Tempelhofer Feld entstehen sollte. Zusätzlich soll hier sozialer Wohnungsbau entstehen. Außerdem wird über einen muslimischen Friedhof diskutiert.
Aktuell jedoch ging es bei der Veranstaltung am 9. November in der »Kinderwelt am Feld« um die Bürgerbeteiligung zur Bebauung des Friedhofs »Jerusalem V.« Eingeladen dazu hatte das Quartiersmanagement (QM) Schillerkiez. Viele Anwohner und Politiker nutzten die Gelegenheit, sich über die Pläne zu informieren.
m Auftrag des Bauherrn, dem evangelischen Friedhofsverband Berlin Mitte, informierte Klaus-Ekkehard Gahlbeck in einem Vortrag über die derzeitige Situation und die weiteren Planungen.
Zur Zeit ist der vordere Teil des Friedhofs freigehalten für Bestattungen der bulgarisch-orthodoxen Gemeinde. Darüber hinaus wird noch in bereits gekauften Gräbern beerdigt. Im Bereich an der Hermannstraße ist ein Seniorenhaus und ein Europazentrum, das von der bulgarisch-orthodoxen Gemeinde betrieben werden soll, geplant. Das Projekt soll in vier bis fünf Jahren umgesetzt werden. Der Bebauungsplan liegt bereits genehmigt vor.
Im hinteren Teil, da wo der große Müllhaufen liegt, soll gebaut werden.
In U-Form soll dort ab nächstem Frühjahr ein Wohnblock für Flüchtlinge entstehen. Dieser soll geteilt werden. Der eine Teil ist ein Wohnhaus mit Ein- bis Vier- Zimmerwohnungen, die dauerhaft genutzt werden sollen. 70 Personen werden dort untergebracht. Der andere Teil ist für 130 Menschen als Gemeinschaftsunterkunft geplant. Hinzu kommt ein Nachbarschaftsheim, das den Flüchtlingen und Anwohnern die Möglichkeit geben soll, sich kennen zu lernen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Der Betreiber ist die »Diakonie Simeon«. Fertiggestellt wird der Bau im Herbst 2017. Es soll umweltverträglich gebaut werden.
Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey wies in ihrer Rede auf die gemeinsame Verantwortung von Bezirk und Kirche hin. Mit dem Bau soll für Flüchtlinge Normalität geboten werden. Selber kochen und wirtschaften seien die ersten Schritte dazu. Neukölln habe sofort reagiert und mit Deutschkursen und Willkommensklassen die Grundvoraussetzungen für ein Leben in Deutschland geschaffen.
Die Anwohner hatten noch jede Menge Fragen. Eine Künstlerin fragte beherzt nach, was sie denn machen könne. Sie wurde vertröstet. Es wurden zwar Möglichkeiten aufgezeigt, aber Genaues ließ sich noch nicht sagen. Immerhin wurden Adressen ausgetauscht.
Die Frage nach Parkplätzen hielt das Podium für nicht so relevant, weil sie wohl nicht gebraucht werden. Dagegen sollen Fahrradabstellplätze entstehen.
Die Zufahrtswege über die Hermannstraße, Warthe- und Netzestraße seien weder für die Anwohner noch für die sowieso staugeplagte Hermannstraße vertretbar. Dafür wurde jedoch keine Alternative diskutiert.
Erfreulich hingegen sind die Aussichten für den »grünen Weg« der die Hermannstraße mit der Oderstraße verbindet. Er wird öffentliche Straßenfläche und somit beleuchtet.
Der neue St. Thomas Friedhof, der als Ausgleichsfläche für die A 100 gekauft wurde und im Moment als Hundeauslaufgebiet genutzt wird, wird zum Park umgestaltet.
Ein Anwohner bemängelte die Informationspolitik des QM. Weder in der Schillerpromenade noch im Körnerkiez hingen Einladungen aus. Das Gebiet jedoch werde von vielen, die nicht im Warthekiez wohnen, wahrgenommen. Immerhin verwies das QM an dieser Stelle auf die Homepage und versprach eine Verlinkung mit dem QM Körnerkiez.
Insgesamt war die Veranstaltung sehr konstruktiv. Obwohl Giffey, Evelyn Gülzow (Diakonie) und Claudia Langeheine (Landesamt für Flüchtlingsfragen) immer wieder auf die Integration von Flüchtlingen hinwiesen und um ein Miteinander warben, war das für die Anwohner kein Thema. Das macht Neukölln so sympathisch.
ro