Digitalisierung im Klassenzimmer

Neuköllner Schulen gehen im Bereich Medienkompetenz und neue Technologien mit der Zeit

Smartphones im Unterricht und Klassenzimmer ohne Kreidetafeln — Schulen sehen nicht mehr so aus wie noch vor 20 Jahren. Aber auch die Lebensrealität der Schüler ist nicht mehr dieselbe wie damals. Kinder sind umgeben von der digitalen Wirklichkeit, sie ist Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, und die Schüler müssen sich jetzt und später im Beruf in ihr zurechtfinden. Die Schulen stehen heutzutage in der Verantwortung, ihre Schüler auf diese Realität vorzubereiten.

digitale-bildung_content_image_full_width
Schulalltag heute.                                                                                                                                                                          Foto: pr

Neukölln steht im Berlinvergleich ziemlich gut da, was die Ausstattung der Schulen mit PCs und Smartboards (interaktive Tafeln, auf die Bilder und Videos projiziert werden können) angeht. Über 9.000 PCs und Tablets stehen zur Verfügung und die Hälfte der 60 Schulen im Bezirk sind komplett kreidefrei. Dafür wurden seit 2011 7,6 Millionen Euro ausgegeben. Eine Investition, die sich lohnt, findet Jan-Christopher Rämer (SPD). »Hier macht es auch keinen Sinn, bauliche Mängel und IT-Investitionen gegeneinander abzuwägen, denn ein großer Teil des Geldes kommt aus zweckgebundenen EU- und Lottomitteln«, sagt der Bildungsstadtrat. Die werden allerdings weniger, so dass in den letzten Jahren immer mehr aus dem Bezirkshaushalt floss. Wolfgang Aust und Bernd Otten sind IT-Regionalbetreuer für Neukölln. Otten unterrichtet an einer Rixdorfer Grundschule und ist überzeugt vom sinnvollen Einsatz digitaler Medien im Klassenraum. »Es ist direkt berührend zu sehen, wie viel Spaß die Kinder beim Lernen haben«, erzählt er. Auch Wolfgang Aust von der Hermann-Nohl-Grundschule betont die Vorteile, vor allem die der Smartboards. Durch sie sei Visualisierung und Speicherung des Stoffs, aber auch das gemeinsame Vorbereiten mit Kollegen in ganz anderem Maße möglich. Auch an weiterführenden Schulen ist die Digitalisierung angekommen. Am Albrecht-Dürer-Gymnasium etwa wird eine vereinfachte Programmiersprache verwendet, mit der »man bei den Schülern offene Türen einrennt«, so der Schulleitungsmitarbeiter Jan Meister. Dieser Blick »hinter die Kulissen« von Software, trägt zu ihrer Demystifizierung bei, und sie verliert ihre diffuse Bedrohlichkeit, wird zu etwas ganz Normalem.
Medienkompetenz umfasst aber auch den Umgang mit sozialen Netzwerken. 45 Prozent der Viertklässler nutzen Facebook, Whatsapp sei schon bei Zweitklässlern verbreitet, berichtet Otten. Allerdings seien die Schüler überraschend gut über mögliche Gefahren informiert. Rämer sieht bei den Schulen dennoch eine »aufklärerische Aufgabe« in Zeiten von Hasskommentaren und Filterblasen. Dass die Digitalisierung in Schulen thematisiert werde, sei daher ein Gebot der Zeit, so Aust, das müssten auch IT-Skeptiker einsehen. »Man kann Autos hassen, die Regeln des Straßenverkehrs muss man trotzdem kennen, wenn man nicht überfahren werden will«, sagt der Lehrer. jt