Stimmungsbild nach den jüngsten Ereignissen in der Türkei
Was denken in Neukölln lebende türkische Mitbürger über den Putschversuch des Militärs in der Türkei und die anschließenden Verhaftungen und Säuberungen in den öffentlichen Verwaltungen?
Kiez und Kneipe befragte in Neukölln lebende Türken über ihre aktuelle Stimmungslage.
Viele glauben, der Putschversuch des Militärs sei von der Regierung geplant worden. So auch Metin, 38-jähriger Kioskbetreiber: »Das war doch alles von Erdogan inszeniert, um die von langer Hand geplanten Säuberungen rechtfertigen zu können.« Auch Gülhan, Angestellte im türkischen Konsulat, glaubt nicht an eine Militäraktion: »Das war alles nur Show. Erdoğan brauchte einen Vorwand, um die Säuberungsaktion durchführen zu können.«Bei dem Gedanken, in die Türkei zu reisen, überkommt beide ein mulmiges Gefühl. Metin: »Wenn es nach mir ginge, hätte ich meinen für August geplanten Türkei-Urlaub abgesagt, doch das kann ich meiner Frau und meinen Kindern nicht antun. Ich habe keine Angst, aber ich werde auf jeden Fall darauf achten, was ich zu wem sage.«
Auf die Frage, ob sich in Zukunft etwas für die türkische Bevölkerung in Berlin ändern werde, meint Metin: »Was heißt in Zukunft? Bei mir im Laden sind schon Leute aufgetaucht, die sich ziemlich eindeutig nach meiner Einstellung zu Erdoğan erkundigt haben.« Bei
befreundeten Ladeninhabern seien sie auch schon gewesen. Gülhan bangt um ihren Arbeitsplatz: »Das kann doch jetzt ganz schnell gehen«. Misstrauen sei das vorherrschende Klima unter den Arbeitskollegen. »Hier traut keiner mehr dem anderen über den Weg«.
rb