Politiker zur Wahl

Von der Sonnenallee bis zum Tempelhofer Feld

Der Wahlkreis 2 im Überblick

Beim Wahlkreis 2 fällt der Schillerkiez mit dem angrenzenden Tempelhofer Feld ins Auge. Der Bevölkerungsaustausch ist hier voll im Gange und die Mieten explodieren. Das Tempelhofer Feld hat sich zum Freizeitpark für viele Berliner entwickelt.
Im Rollbergkiez kämpft der »Morus 14 e.V.« alljährlich ums Überleben. Mit der Schülerhilfe, an der über 100 Schüler aus dem Kiez teilnehmen, trägt der Verein erheblich zur Bildung bei.
Der »MoRo Seniorenwohnanlagen e.V.« engagiert sich auch im Rollberg mit Erfolg für die Belange der Senioren in Neukölln.
Auf dem »Kindl-Gelände« tut sich viel. Im Kesselhaus finden bereits viele anspruchsvolle Veranstaltungen statt, bald können dort auch internationale Künstler ausstellen. Seit Jahren gibt es dort die kleine Brauerei mit dem wunderbaren Rollberg-Bier.
Die Karl-Marx-Straße befindet sich im Dauerzustand einer Baustelle. Vielleicht ist sie 2020 fertig, dann ist sie aber hoffentlich auch schön. Die »Neuköllner Oper« ist in diesem Wahlkreis das kulturelle Highlight.
Das Rathaus in der Karl-Marx-Straße ist die Residenz der Bürgermeisterin.
Der quirlige Wahlkreis macht Spaß, erfreut sich einem internationalen Zuzug von Künstlern, leidet aber auch unter der Abwanderung der kleinen Leute. 

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Karte Wahlkreis 2 und Fragen

Was die Neuköllner wissen wollen

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1) Welche Themen haben für Sie im Moment die absolute Priorität?
2) Wie stehen Sie zur Bebauung des Tempelhofer Feldes?
3) Welchen Handlungsspielraum sehen Sie, um Verdrängung von Altmietern zu verhindern, oder wünschen Sie sich den Austausch der Bevölkerung? Wie wollen Sie Altmieter schützen jenseits des Instruments Milieuschutz?
4) Der Renteneingangssatz sinkt von Jahr zu Jahr. Gleichzeitig werden die Alten immer fitter bei gleichzeitig zunehmender Altersarmut. Was machen Sie für diese immer größer werdende Gruppe der fitten Alten?
5) Wie wollen Sie die AfD verhindern?
6) Wie soll in Ihren Augen die Berliner Wirtschaft gestärkt werden, so dass auch die Neuköllner etwas davon haben?
7) Was halten Sie vom Kopftuchverbot?
8) Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Fahrradfahren in Neukölln zu fördern?
9) Zusatzfrage an die aktuellen Abgeordneten: Welche Ihrer Wahlziele konnten Sie während Ihrer Zeit im Abgeordnetenhaus umsetzen?

Irmgard Wurdack – Die Linke

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1) Für mich hat die Frage einer breiten Bewegung gegen Rassisten und Neo-faschisten Priorität. AfD bis NPD hetzen gegen Muslime, Geflüchtete und Andersdenkende. Sie stempeln die Ärmsten der Armen zu Sündenböcken für soziale Missstände und versuchen, die Bevölkerung zu spalten. Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Moscheen nehmen zu.
7) Die bestehenden Diskriminierungen für Geflüchtete und Muslime sind dabei Wasser auf die Mühlen der Rassisten. Das Kopftuchverbot in Berlin etwa muss abgeschafft werden. Es stigmatisiert muslimische Frauen als vermeintliche Bedrohung und erschwert es ihnen, eine Stelle zu finden. Und Geflüchtete müssen endlich in Wohnungen leben können statt unter unmenschlichen Bedingungen in Massenunterkünften wie den Tempelhofer Hangars.
3) Nicht Muslime und Geflüchtete sind das Problem. Wohnungsnot gab es schon vor Ankunft von Geflüchteten. Doch die Regierenden sind nicht bereit, ausreichend preiswerten Wohnraum zu schaffen, sich mit Immobilienspekulanten und Baukonzernen anzulegen und leerstehende Immobilien zu beschlagnahmen.
2) Kein Problem hat der Senat aber offenbar damit, sich gegen Hunderttausende Berliner_innen zu stellen, die 2014 beim Volksentscheid für ein Bauverbot auf dem Tempelhofer Feld gestimmt haben. Auch wir als LINKE haben die Privatisierung und Bebauung des Felds stets abgelehnt.
4) Wir streiten für eine Politik für Menschen statt für Profite, die allen – egal welcher Herkunft – ein Leben in Würde ermöglicht. Immer mehr Menschen sind im Alter arm und müssen länger arbeiten oder sogar Pfandflaschen sammeln. Höchste Zeit, dass die Renten steigen und die Arbeitgeber wieder den vollen Beitrag zahlen!
5) Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam erfolgreich gegen Rassismus und für eine Umverteilung des Reich­tums von oben nach unten kämpfen können. Ich engagiere mich seit Jahren in breiten Bündnissen wie dem »Bündnis Neukölln« und »Berlin nazifrei«.
8) Noch ein letztes Wort zu den Fahrradwegen. Als LINKE unterstützen wir das »Volksbegehren Fahrrad« für mehr Radwege in Berlin.

Onur Bayar – CDU

Foto_Bayar1) Bildung und Sicherheit. Um der Jugendkriminalität entgegenzuwirken, müssen den Jugendlichen von Anfang an Perspektiven geschaffen werden. Die meisten Straftäter unter 21 haben ihre ersten Delikte schon im Alter von 12 – 14 begangen. Daher muss man die Ursachen im Bildungssystem aufheben. Wichtig ist, dass es genügend Kitaplätze und Erzieher gibt. Die Kinder erlernen in dem Alter die deutsche Sprache und den Umgang mit ihren Mitschülern. Zudem muss die Vorschulpflicht wieder eingeführt werden, denn ich habe es selbst miterlebt, wie schwer es eingeschulten Kindern fiel mitzuhalten, wenn sie selbst keinen Kitaplatz hatten oder nicht zur Vorschule gegangen sind, da der rot-rote Senat die Pflicht abschaffte. Einige meiner Mitschüler benötigten Jahre, um sich dem Durchschnitt der Klasse anzunähern. Daher denke ich, dass durch Kita und Vorschule den Kindern eine stabile Basis aufgebaut wird, um ab der 1. Klasse die Schule gut packen zu können, was dazu führt, dass ihnen ihre Berufsperspektiven bewusst werden.
3) Ich freue mich über die Durchmischung in unserem Kiez, aber befürchte, dass durch ansteigende Mieten unsere Nachbarn verdrängt werden. Daher brauchen wir bezahlbaren Wohnraum und viele Neubauten. Aber auch Maßnahmen wie die Mietpreisbremse sind notwendig, um soziales Wohnen in der Stadt zu ermöglichen.
5) Die AfD hat keine Lösungen, die AfD hat keine Ideen und die AfD schadet unserer Demokratie. Wir brauchen transparente, bürgernahe und sachliche Politik! Die Wünsche der Bürger mehr einbeziehen; Stichwort »Partizipation«.
6) Berlin ist eine Start-up-Metropole. Immer mehr Unternehmen siedeln sich in Neukölln an und schaffen Arbeitsplätze. Einen Kreativbeauftragten, der sich um die Stärkung dieser Szene kümmert, fordern wir in der CDU.
8) 1. Einrichtung von Rad­schnellwegen
2. mehr Fahrradstreifen an unfallintensiven Kreuzungen
3. kreuzungsfreie Radwege
4. keinen rapiden Zuwachs an autofreien Fahrradstraßen

Erol Özkaraca – SPD

Foto Özkaraca_Erol_B-35852) Es gab einen Volksentscheid zu dieser Frage. Das Ergebnis war eindeutig. Ich habe ursprünglich für die Randbebauung geworben, aber Politik ist kein Wunschkonzert und deshalb sage ich ohne Wenn und Aber: Mit mir wird es keine Bebauung des Tempelhofer Feldes geben.
3) In einigen Straßen Nord-Neuköllns haben sich die Angebotsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt in den letzten sechs Jahren fast verdoppelt. Hier ist die Politik gefordert und hier hat die SPD reagiert: Erhöhung der Zahl der landeseigenen Wohnungen von derzeit rund 295.000 auf 400.000, Begrenzung von Mieterhöhungen bei landeseigenen Wohnungen, Kappung von Mieterhöhungen im Bestand, das Zweckentfremdungsverbot und die Mietpreisbremse.
4) Die Politik muss darauf achten, dass die Gesellschaft nicht auseinanderdriftet, dass niemand ausgegrenzt wird, vor allem nicht die Alten. Angesichts des demografischen Wandels muss das Land Berlin hier weitere Anstrengungen unternehmen, z.B. die Förderung von barrierefreiem Wohnen, die Schaffung von Teilhabe-Angeboten für SeniorInnen. Die freien Träger sind hier extrem wichtige Partner. Der mittlerweile größer werdende finanzielle Handlungsspielraum Berlins sollte dazu genutzt werden, diese Strukturen stärker zu fördern.
5) Klare Kante gegen rechts. Geschwafel über ein angebliches Kartell der Altparteien und der gleichgeschalteten Lügenpresse muss man als das benennen, was es ist: verlogen! Die AfD ist eine Altpartei mit Rezepten aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Alter Wein in neuen Schläuchen. Wenn deren Wähler diesen Wein wirklich kosten müssten, würde ihnen schlecht werden.
7) In der Berliner Debatte geht es nicht um ein Kopftuchverbot. Es geht um ein Verbot religiöser Symbolik bei staatlich Beschäftigten. Es geht nicht um das Kopftuch, die Kippa oder das Kreuz im öffentlichen Raum oder am Arbeitsplatz als solchem. Es geht um die Neutralität des Staates, für mich ein Kernbestandteil unserer Gesellschaftsordnung, und deshalb muss das Berliner Neutralitätsgesetz bestehen bleiben.
9) Die Weiterentwicklung des Neuköllner Modells, das Pilotprojekt Staatsanwaltschaft für den Ort, die Eröffnung der ersten Repräsentanz Berlins im Ausland zur Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen.

Susanna Kahlefeld – Die Grünen

kahlefeld1) Mehr Beteiligung, Verdrängung stoppen und Teilhabe ermöglichen. Das gilt für die, die ökonomisch abgehängt werden, ebenso wie für die Geflüchteten, die nach Berlin kommen, und die Kreativen, die hier Arbeit schaffen. Zum guten Zusammenleben im Kiez gehört auch, dass Fußgänger*innen und Radfahrer*innen in der Verkehrspolitik Priorität haben.
2) Ich freue mich immer noch jedes Mal, wenn ich auf das Feld komme, darüber, dass wir die Bebauung verhindern konnten. Die Unterbringung von Flüchtlingen vorzuschieben, um das Gesetz zu ändern, war ein großer Fehler: Eine solche Massenunterkunft kann niemand wollen.
3) Für mich ist es ein Skandal, dass CDU und SPD im Bezirk bisher den Milieuschutz verhindert haben, mit dem erklärten Ziel, die Ärmeren zu verdrängen und sich so »ein neues Volk zu schaffen«. Sie haben bewusst Politik gegen die Neuköllner*innen gemacht – viele, die verdrängt wurden, haben aktiv in den Quartieren für ein besseres Zusammenleben gesorgt. Milieuschutz ist das Minimum. Luxussanierungen dürfen nicht genehmigt werden, Ferienwohnungen sind aufzuspüren und Baugenehmigungen müssen viel schneller bearbeitet werden – das alles geht auf der Bezirksebene. Im Abgeordnetenhaus werde ich mich weiter für eine höhere Quote für sozialen Wohnungsbau, konsequenten Wohnraumschutz, das bezirkliche Vorkaufsrecht sowie die Nachbesserung der Mietpreisbremse einsetzen.
5) Klar machen, wofür die AfD wirklich steht: Abschaffung des Mindestlohns, Abschaffung von Frauenbeauftragten, das Ende des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und die Spaltung unserer offenen Gesellschaft. Wir Grünen sind der Gegenentwurf – auf der ganzen Linie.
7) In den Berliner Schulen sind bisher Putzfrauen mit Kopftuch erlaubt, aber keine Lehrerinnen. In Neukölln finde ich das besonders schädlich, denn viele Mädchen träumen davon, Lehrerin zu werden. Stattdessen sagt man ihnen: »Egal wie gut du lernst, das darfst du nicht.« Lehrer und Lehrerinnen müssen neutral und allen Kindern zugewandt sein, egal, was sie anhaben. Oder glaubt jemand, Lehrerinnen ohne Kopftuch seien immer »neutral«?
9) Transparenz in der Förderung von Integrationsarbeit: für die Bedarfe der Stadt und gegen Klientelpolitik. Das ist vor Ort spürbar. Und ein Symbol gerettet: Der »Karneval der Kulturen« stand vor dem Aus.