Robert Stadlober liest im »Laidak«
»Voller Entsetzen, aber nicht verzweifelt«, so lautet der Titel des Tagebuchs des jüdisch-rumänischen Autors Mihail Sebastian. Der Hamburger Publizist Thomas Ebermann bearbeitete und verdichtete das 800 Seiten starke Hauptwerk zu einer zweieinhalbstündigen Bühnenfassung. Die szenische Lesung mit Robert Stadlober als Mihail Sebastian hatte 2009 Premiere und wurde seitdem bereits mehr als 50 Mal auf verschiedenen Bühnen in ganz Deutschland gespielt. Die »Schankwirtschaft Laidak« in der Boddinstraße, in der Stadlober an zwei restlos ausverkauften Abenden im April gastierte, war sicherlich die bisher kleinste Bühne, auf der das Stück zur Aufführung kam.
In seiner launigen Einführung beschrieb Ebermann zunächst, wie die Zuschauer sich das Bühnenbild vorzustellen haben, um dann das Leben Mihail Sebastians und die historischen Begleitumstände, in denen die Tagebücher entstanden, zu skizzieren. 1907 in der rumänischen Provinz geboren, zog Sebastian mit seiner Familie 1917 nach Bukarest. Als junger Mann führte er ein Leben als Bohémien und galt als Shooting-Star der Bukarester Kultur- und Literaturszene. Das Tagebuch umfasst die Jahre 1935 bis 1944. Was im ersten Teil des Werkes noch heiter und mit witzigen Anekdoten von Begegnungen und Erlebnissen mit seinen Freunden und Bekannten aus dem Literaturzirkel daherkommt, wandelt sich im zweiten Teil in eine detaillierte und genau beobachtete Beschreibung des aufkommenden Antisemitismus und eindringliche, schwer erträgliche Schilderungen der Gräuel des Zweiten Weltkriegs und der Bombenangriffe auf Bukarest.
Robert Stadlober verkörpert den jungen Schriftsteller mit hoher Intensität. Auf der im zweiten Teil der Lesung abgedunkelten Bühne lässt er die bedrückende Stimmung dieser Zeit nur kraft seiner Stimme aufleben und bringt den Zuhörern so das Gefühl des Entsetzens nahe. Am Ende ist der Krieg vorbei, die Bombardierungen haben aufgehört und die Menschen sind im Freudentaumel. »Alles andere zerfließt in Wehmut und Hoffnung.« Aufgrund des großen Erfolgs sind weitere Aufführungen im »Laidak« für den Herbst vorgesehen.
rb