Neukölln ist unrühmlicher Spitzenreiter der Müllstatistik
Ein knallgelber Besen mit pinken Borsten – über die Farbwahl lässt sich streiten – die Idee dahinter ist eigentlich ganz gut. Die von Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey vorgestellte Kampagne des Bezirksamtes, »Schön wie wir – so wollen wir unser Neukölln«, möchte im Neuköllner Bürger die Achtsamkeit für einen weniger vermüllten Bezirk wecken. Wer Müll auf den Neuköllner Straßen beseitigt, kann ein Foto mit eben diesem Besen machen und es auf der Internetseite der Kampagne veröffentlichen. Dass Neukölln ein Müllproblem hat, ist unübersehbar. Im Jahr 2015 hat die »Berliner Stadtreinigung« (BSR) 800 Tonnen illegal abgelegten Sperrmüll in den Straßen beseitigt, und jeder stolperte wohl schon mal über Matratzen, Kühlschränke oder Müllsäcke. Mit dieser Größenordnung ist Neukölln Spitzenreiter der Berliner Müllstatistik, nicht besonders rühmlich.
Seit 2014 sind 1,2 Millionen Euro aus der Bezirkskasse in die Müllbeseitigung geflossen. Die »BSR« kommt dennoch nicht hinter jeder Tüte oder jedem Sofa her. Bis zu 5.000 Euro Strafe drohen bei illegaler Müllablagerung, doch von fast 600 Verfahren wurden im Jahr 2015 nur sieben mit Bußgeldbescheiden beendet, die meisten Sünder blieben unbehelligt. Franziska Giffey möchte weg vom Klischee des Schmuddelbezirks und wünscht sich ein lebenswerteres Erscheinungsbild. Dennoch soll es nicht aussehen, als hätte jemand eine Sagrotanflasche verschüttet.
Derzeit ist die Neuköllner Wohnkultur auf dem Bürgersteig abzulesen. Sofas, Sessel, Kühlschränke, Fernseher, Kommoden und anderes ist der Neuköllner Schick auf der Straße. Für genügend Sitz- und Ausruhmöglichkeiten ist derzeit in jedem Falle gesorgt. Sei es nach dem Brunch, nach einer Feierei in der Früh oder einfach zwischendurch. Doch will der Neuköllner wirklich auf nassgeregneten Sesseln sitzen oder lieber doch nicht über Müll stolpern?
Die Kampagne macht einen guten Anfang. Bleibt nur eine Frage offen: Woher bekommen die Neuköllner nun den gelbpinken Besen?
jr