Lesung in der Buchhandlung »Die gute Seite«
Der Kreuzberger »Verbrecher Verlag« feierte sein 20-jähriges Jubiläum in Neukölln in der Buchhandlung »Die gute Seite«. Die beiden Betreiberinnen des schönen Ladens direkt am Richardplatz haben es sich zur Aufgabe gemacht, kleinen unabhängigen Verlagen mit einem anspruchsvollen Verlagsprogramm eine Plattform zu bieten.
In einem launigen Vortrag erzählte Jörg Sundermeier, einer der beiden Verlagsgründer, die Entstehungsgeschichte des Verlags, dessen Programm neben Belletristik auch Sach- und Kunstbücher sowie eine Stadtbuch- und eine Filmliteratur-Reihe enthält. Jenseits der humorvollen Anekdoten verdeutlichte Sundermeiers Beitrag eindrucksvoll, wieviel Herzblut und Selbstausbeutung neben einer Portion Wahnsinn notwendig sind, um einen Verlag abseits des Mainstreams über so einen langen Zeitraum am Laufen zu halten.
Wie breit gefächert der »Verbrecher Verlag« thematisch aufgestellt ist, zeigen die beiden Bücher, die am 6. November von ihren Autorinnen vorgestellt wurden. »Meine 7000 Nachbarn« von Eva Ruth Wemme ist ein essayistisches Sachbuch, das vom Schicksal der in Berlin lebenden Roma handelt. In eindringlichen Geschichten erzählt die Autorin vom Teufelskreis aus Arbeits- und Wohnungslosigkeit, aus Vorurteilen und Fremdheit. Die Erzählungen hinterlassen ein Gefühl der Beklemmung und regen zum Nachdenken an.
Heiterer geht es in dem Roman »Eine Tonne für Frau Scholz« von Sarah Schmidt zu. Die Geschichte handelt von Nina Krone, Anfang 50, die im letzten unsanierten Haus der Gegend wohnt, in dem natürlich noch mit Kohle geheizt wird, und ihrer Nachbarin Frau Scholz. Nina stellt Frau Scholz jeden Tag einen Eimer Briketts vor die Tür. Das gefällt Frau Scholz zunächst gar nicht, doch darüber kommen die beiden ins Gespräch. Humorvoll und gleichzeitig ernst erzählt Sarah Schmidt von einer Freundschaft zwischen den Generationen und einer Familie, die aus den Fugen gerät.
Als Fazit des gelungenen Abends bleibt nur noch, dem »Verbrecher Verlag« viele weitere interessante Veröffentlichungen und der »Guten Seite« noch viele weitere schöne Leseabende zu wünschen.
rb