Milieuschutz wird konkret
Die SPD hat sich lange geziert, aber jetzt ist es amtlich. In ihrer Sitzung am 23. September beschloss die Bezirksverordneten-versammlung gegen die Stimmen der CDU, dass der Reuterkiez zum Milieuschutzgebiet erklärt wird. Damit werden Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen, die Zusammenlegung von Wohnun- gen oder deren Luxusmodernisierung genehmigungspflichtig.
Eine gute Nachricht für die Bewohner des Kiezes, freut sich Jochen Biedermann (Grüne), der sich schon seit Jahren für den Milieuschutz eingesetzt hat. Vier Jahre habe es gedauert, um die Fraktion der SPD als Mit-Antragsteller zu gewinnen. Er hoffe, dass der Beschluss noch in diesem Jahr umgesetzt werden könne. Die Genehmigungskriterien dafür muss das Bezirksamt aber erst noch erarbeiten.
»Die SPD-Fraktion begrüßt diese Beschlussfassung ausdrücklich«, heißt es in einer Pressemitteilung dazu. »Wir wollen verhindern, dass die positive Entwicklung des Neuköllner Nordens zu Lasten der angestammten Bevölkerung geht.«Aber auch für andere Kieze gab es gute Nachrichten. So wurde mehrheitlich beschlossen, weitere »Voruntersuchungen für die Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen« durchzuführen. Ab dem 1. Januar 2016 soll nun in jedem Quartal ein Kiez untersucht werden. Dabei handelt es sich um die Flughafenstraße bis Donaustraße, Rixdorf, Körnerpark bis Rollberg, Hertzbergplatz bis Treptower Straße Nord und Silbersteinstraße bis Glasower Straße. Im Schillerkiez laufen die Untersuchungen bereits.
»Mit den Beschlüssen, nacheinander den gesamten Neuköllner Norden zu untersuchen, wird zugleich den Kapazitäten der Verwaltung Rechnung getragen. Wir wollen Millieuschutz mit Augenmaß, dazu gehört eine gründliche Voruntersuchung«, heißt es dazu in der Pressemitteilung.
»Man darf nicht zu viel davon erwarten«, warnte Bezirksbürger-meisterin Franziska Giffey. »Es ist lediglich ein Mittel, um Luxus-sanierungen unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen.« Ein Allheil-mittel gegen Mieterhöhung und Verdrängung sei das aber nicht, schließlich können Vermieter auch ohne Sanierung die Miete erhöhen. »Der beste Schutz gegen Verdrängung ist die Schaffung von Wohnraum.«
Ein zentrales Thema der BVV war die Debatte über den Haushalt, bei dem es um rund 812 Millionen Euro geht. Positiv wurde von allen Fraktionen registriert, dass Investitionen geplant sind, es diesmal also kein Sparhaushalt wird. Trotzdem fanden die Oppositions-parteien, dass die Prioritäten falsch gesetzt seien. Sie hätten sich mehr Geld für die Flüchtlingshilfe gewünscht. Die Beseitigung von Hundehaufen könne in diesen Zeiten nicht oberste Priorität haben, meinte Gabriele Vonnekold (Grüne).
Die Linke stellte einen Antrag, die Mittel für die Feier zum hundert-jährigen Jubiläum des Körnerparks drastisch zu kürzen und das Geld stattdessen Integrationsprojekten zur Verfügung zu stellen.
»Wir dürfen nicht die Flüchtlingsproblematik gegen andere Aufgaben ausspielen«, warnte dagegen Franziska Giffey. Besonders viele Anfragen von Bürgern an sie beträfen die Themen Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit im Kiez. Dafür zu sorgen sei eine der Grundlagen für ein gedeihliches Zusammenleben.
Auch viele andere Herausforderungen wie die Bekämpfung der Kinderarmut seien weiterhin zu bewältigen.
Am Ende wurde der Haushalt ohne Änderungen mit den Stimmen der CDU und der SPD angenommen.mr