Kleinstraftäter malen sich frei
Es sind eher kleine Vergehen, für die sie verurteilt wurden, und die Richter, vor denen sie standen, fanden eben nicht, dass sie in den Knast gehören. Mit Geldstrafen sollten sie ihre Schuld begleichen.Wer das aber nicht kann, für den bleibt dann oft doch nur die so genannte Ersatzfreiheitsstrafe, bei der der Verurteilte die »Tagessätze« absitzt. Das trifft die Mittellosen härter als die Verurteilten, die zahlungsfähig sind. Außerdem kostet es den Staat viel Geld und belegt knappe Haftplätze.
Die Alternative dazu ist, freiwillig unbezahlte, gemeinnützige Arbeit zu leisten. »Arbeit statt Strafe« heißt daher auch das Projekt, das bereits seit einigen Jahren im gesamten Bundesgebiet läuft und das auch von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) unterstützt wird. Denn die Berliner Justiz spart dadurch jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag an Haftkosten. Zuständig für die fachliche Begleitung und Koordination der Einsätze ist der Verein »Straffälligen- und Bewährungshilfe« (sbh).
In diesem Jahr beteiligt sich erstmals auch der Bezirk Neukölln an dem Programm. Acht bis zehn Verurteilte sollen im Albrecht-Dürer-Gymnasium dringend benötigte Renovierungsarbeiten in Flur- und Treppenbereichen durchführen. »Dieses Projekt ist eine gute Möglichkeit, eine Schulrenovierung zu realisieren, die sonst nicht finanzierbar wäre. Dabei können alle Seiten nur gewinnen«, sagte Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey. »Lehrer, Schüler und Eltern freuen sich über eine schöne Schule, die sonst über weitere Jahre nicht hätte renoviert werden können.« Und »Straffällige tun etwas Sinnvolles und erhalten einen Einblick in den Malerberuf«.
Die Neuköllner CDU dagegen äußerte sich empört. Das sei »ein Angriff auf die Unternehmer« und »ein Dammbruch, den ich klar ablehne«, sagte die Neuköllner CDU-Bundestagsabgeordnete Christina Schwarzer in einer Presseerklärung. Das sei ein Widerspruch zum Versprechen der Bezirksbürgermeisterin, den Mittelstand zu fördern.Und der Vorsitzende der »Mittelstandsvereinigung Neukölln«, Olaf Schenk, drohte sogar: »Wenn diese Aktion Schule macht, werden Unternehmen nicht mehr in der Lage sein, Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze anzubieten.«
Franziska Giffey weist die Vorwürfe entschieden zurück. Sie seien »völlig an den Haaren herbeigezogen und zeigen, dass die Projektidee nicht verstanden worden ist«. Es gehe nicht darum, Leistungen der Wirtschaft auszuhebeln oder an anderer Stelle billiger einzukaufen. Aber mit den vorhandenen Haushaltsmitteln hätte die Schulrenovierung gar nicht durchgeführt werden können. Somit seien der Wirtschaft dadurch auch keinerlei Aufträge verloren gegangen.
mr