Immobilienhaie weiterhin auf dem Vormarsch

T27
Kunst und Kindertheater müssen Eigentumswohnungen weichen.                                                        Foto: fh

Dieses Mal trifft es den Körnerkiez

Der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in der Thomasstraße 27 fallen auch zwei Institutionen zum Opfer, die das kulturelle Leben im Körnerkiez mitgeprägt haben.
Der »Kunstraum t27« hat in den letzten zehn Jahren in einem nicht kommerziellen Rahmen Kunst in verschiedenen Formen und Ausprägungen präsentiert. Fast genauso lange bietet das »Boom! Raum für Theater, Musik, Performance« Theaterkurse mit Schul- und Kitakindern aus dem Körnerkiez an. Beiden Mietern wurde nun von den Hauseigentümern gekündigt. Ende Oktober müssen sie aus ihren angestammten Räumen ausziehen.
Aufgrund der stark gestiegenen Gewerbemieten fällt es sowohl dem Betreiber des »Kunstraum t27«, dem »Kunstverein Neukölln e.V.«, als auch Elvira Möller, der Leiterin des »Boom!«, extrem schwer, in Neukölln neue Räumlichkeiten für ihre Projekte zu finden. Dieses Beispiel zeigt, dass in steigendem Maße nicht nur private Mietwohnungen, sondern auch alteingesessene Neuköllner Kunst- und Kulturschaffende und kleine Gewerbebetriebe von der zunehmenden Verdrängung in ihren Kiezen betroffen sind.Im Reuter- und im Schillerkiez wird der Milieuschutz voraussichtlich eingeführt werden, wie Bürgermeisterin Franziska Giffey in einem Interview mit der »Berliner Zeitung« vom 24. Juli äußerte: »Wir sind dabei, den Reuter- und den Schillerkiez zu Milieuschutzgebieten zu erklären. Die Prüfungen dafür laufen noch. Dort sind dann Luxussanierungen verboten.«
Inwieweit dieses Instrument jedoch greift, um die Bevölkerungsstruktur in den Kiezen zu erhalten, ist umstritten. In einer Informationsveranstaltung zu der Haushaltsbefragung im Schillerkiez, die am 30. Juni im »Nachbarschaftszentrum Mahlower Straße« stattfand, referierte Wilhelm Fehse, der seit über 20 Jahren im Bereich der Stadterneuerung tätig ist, zum Thema Milieuschutz. Wie stark dieses Thema den Neuköllnern unter den Nägeln brennt, zeigte die große Anzahl der Besucher. Wilhelm Fehse warnte davor, sich zu viel vom Milieuschutz als Schutz vor Kündigungen und Garantie für bezahlbare Mieten zu versprechen. In seinem Beitrag zeigte er auf, dass dieses Mittel nur bei einigen wenigen der vielen Verdrängungsinstrumente, die Immobilienbesitzern zur Verfügung stehen, hilft.
Es bleibt die Erkenntnis, dass nur gemeinsame Ini­tiativen einer möglichst großen Zahl an Mitstreitern der Immobilienspekulation Paroli bieten können.

rb
Offenes Treffen der Stadtteilgruppe 44 jeden letzten Dienstag im Monat um 20 Uhr im Nachbarschaftszentrum Mahlower Str. 27, vierundvierzig@riseup.net