Podiumsdiskussion im Rathaus
Was heißt es, deutsch zu sein, was heißt es, »richtig« dazuzugehören? Anlässlich der Internationalen Woche gegen Rassismus hatte Sozialstadtrat Bernd Szczepanski am 18. März zur Podiumsdiskussion über Erfahrungen, Identitäten und Zuschreibungen ins Rathaus eingeladen.
Er werde immer wieder gefragt, woher er komme. Mit der Beschreibung seiner persönlichen Erfahrungen führte der in Köln geborene Diplom-Politologe Carl Chung, der seit 2002 Leiter des »Mobilen Beratungsteams Ostkreuz« ist, die Zuhörer in das Thema des Abends ein.
Bei der Frage nach der mutmaßlichen Abstammung, meinte Chung, gehe es aber nicht um die kulturelle Prägung, sondern um die von außen herangetragene Zuschreibung, die Menschen je nach Aussehen Gruppen und Kategorien zuordnet, sie als nicht oder anders deutsch markiert und sie damit unterscheidet von jenen, die selbstverständlich, fraglos deutsch sind. Wobei diese Zuschreibungen in erster Linie die betreffen, die optisch nicht in die Mehrheitsgesellschaft passen. So stelle sich 80 Jahre nach den Nürnberger Rassegesetzen die Frage, was eigentlich Deutschland ausmache. Notwendig sei eine bewusste Selbstfindung der Deutschen als bürgerliche Gemeinschaft, damit die Gesellschaft offen, freiheitlich, demokratisch und pluralistisch bleibe.Nicht die Abstammung mache unsere Identität aus, sondern die Sozialisation. Und die Staatsbürgerschaft schaffe die Zugehörigkeit zu denen, die den »Demos«, das Zusammenleben im Staatsgefüge, gestalten. Insofern sei auch die Feier der Einbürgerung durchaus zu begrüßen.
Um sich zu einer Gemeinschaft zu bekennen bedürfe es aber auch der Werte, auf die sich alle gleichermaßen berufen. Und das sei beispielsweise das Grundgesetz, meinte Andreas Altenhof, Mitglied im Direktorium der »Neuköllner Oper« und Vorstandsmitglied des Kulturnetzwerks Neukölln. Das beinhalte die Grundwerte, auf die sich die gesamte Gesellschaft verständigen könne. Wer denen gegenüber loyal sei, habe eine gute Basis, hier zu leben. Es gelte Abschied zu nehmen von klischeehaften Vorstellungen. »Das ist unser Aschenputtel«, sagte er und zeigte ein Plakat der »Neuköllner Oper«, auf dem eine junge dunkelhäutige Frau im weißen Kleid zu sehen ist.
Auch negative Zuschreibungen wie »Brennpunktschule« oder »Brennpunktbezirk« seien für das Zusammenwachsen einer Gesellschaft nicht hilfreich. »Welcher Vater würde schon mit Stolz sagen, mein Kind geht auf eine Brennpunktschule?«, fragte Kazim Erdogan, Psychologe und Gründer des »Aufbruch Neukölln e. V.«. Nicht nach Unterschieden zu suchen, sondern das Verbindende zu finden, sei die vorrangige Aufgabe aller am gesellschaftlichen Prozess Beteiligten. mr