Appelle zur Begrüßung

Alle 14 Tage wird die Einbürgerung neuer Staatsbürger gefeiert

Einbürgerung (2)
»Ich will Deutscher sein«.                                                                    Foto: jt

Viele hohe Stufen führen zum BVV Saal in der zweiten Etage des Neuköllner Rathauses, in dem alle zwei Wochen dienstags eine Einbürgerungsfeier stattfindet. Ähnlich viele Stufen auf dem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft mögen die neu »Eingebürgerten« auch erklommen haben, bevor sie nun eine Urkunde überreicht bekommen, die sagt, dass sie jetzt ihren deutschen Pass beantragen dürfen.
Zu Beginn der schon etwas routinemäßigen Veranstaltung wird ein »Potpurri der Nationalhymnen« wiedergegeben, in dem alle Hymnen der im Saal vertretenen Nationen angespielt werden. »Quasi sozusagen das letzte Mal« für die neuen Bürger, meint Buschkowsky, denn ab jetzt sei ja die deutsche Hymne für sie gültig. In seiner Begrüßungsrede lobt er die kulturelle Vielfalt Neuköllns (»Da sind wa stolz drauf«) und gibt einen kleinen Grundkurs in Demokratie, schließlich sitzen die Neu-Neuköllner auf den hochehrenwerten Sesseln der Bezirksverordneten. Zwei Appelle richtet der Bürgermeister an seine neuen Schäfchen: Wurzeln müssen nicht verleugnet werden, die eigene Kultur darf weiter gepflegt werden, aber im Umgang mit den Nachbarn bitte lächeln und grüßen, denn zu 99 Prozent komme ein Lächeln zurück. Und dann ein sinnvollerer Aufruf, mit wesentlich realistischeren Erfolgschancen, nämlich zur aktiven politischen Beteiligung. Angefangen in der Kita bis zur politischen Partei und vor allem den Wahlen.
Nachdem auch der stellvertretende Bürgermeister Falko Liecke einige Worte des Willkommens gesprochen und man Beethovens Neunter gelauscht hatte, wurden nacheinander alle neuen Bürger aufgerufen, die dann auf der Bühne eine feierliche Erklärung zur Achtung des Grundgesetzes der Bundesrepublik vorlasen und mit ihrer Urkunde und den zwei Bürgermeistern für ein Erinnerungsfoto posierten. Die meisten leben wohl schon länger in Deutschland und Buschkowsky nickte stets anerkennend, wenn gut vorgelesen wurde.
Insgesamt war die Stimmung ungezwungen, und es wurde viel gelacht. Dennoch stellt sich vielleicht die Frage, wie solch eine Feier auf jemanden wirken mag, der vor Krieg und Gewalt geflohen ist und nicht, wie Liecke meint, nach einem rationalen Entscheidungsprozess »mit ganzem Herzen und aller Kraft sagt: ‚Ich will Deutscher sein‘«

jt