»Werkschule Löwenherz« lehrt ohne Frontalunterricht
Über die alarmierende Situation an den Neuköllner Schulen ist in den vergangenen Ausgaben der Kiez und Kneipe bereits ausführlich berichtet worden. Die Neuköllner Bildungsstadträtin Franziska Giffey hat in einer Pressemitteilung kurz vor Weihnachten noch einmal deutlich auf die Probleme hingewiesen: es gibt einen hohen Anteil von Erstklässlern mit Sprachdefiziten und Entwicklungsverzögerungen. Daraus resultiert eine wachsende Zahl eher bildungsorientierter Eltern aus Nord-Neukölln, die ihre Kinder an anderen Schulen, teilweise sogar in anderen Bezirken, anmelden wollen. Auf der anderen Seite gibt es immer noch eine Vielzahl von nicht angemeldeten Schülern, obwohl der Anmeldetermin längst verstrichen ist. Diese Entwicklung verschärft die sowieso schon katastrophale Situation an den sogenannten »Brennpunktschulen«, die dadurch zu einem Sammelbecken für leistungsschwache Schüler verkommen.
Seit drei Jahren versucht die »Werkschule Löwenherz«, dieser Misere etwas entgegenzusetzen. Das vom Europäischen Sozialfonds und vom Bundesverkerhrsministerium mit insgesamt 1,3 Millionen Euro geförderte Schulprojekt ist eine Initiative vom »Zentrum für Lebensenergie«, das seit 1998 in der Weserstraße 175 beheimatet ist. Die Werkschule arbeitet mit verschiedenen Schulen in Neukölln zusammen und begleitet Schüler der achten bis zehnten Klasse mit Angeboten zur frühen Berufsorientierung beim Übergang von der Schule in den Beruf.
Seit diesem Schuljahr läuft ein neues Modellprojekt in Kooperation mit der Kepler-Schule, das Schülern mit besonderem Unterstützungsbedarf ermöglichen soll, einen Schulabschluss zu erlangen. 25 »Problemschüler« wurden komplett aus ihren Klassen herausgenommen und werden nun ausschließlich an der Werkschule im ehemaligen Gebäude des Finanzamtes Neukölln in der Schönstedtstraße unterrichtet.
Das pädagogische Konzept beruht auf einem ganzheitlichen Ansatz. Die Schüler erhalten in kleinen Gruppen fächerübergreifenden Unterricht und erarbeiten die Lerninhalte gemeinsam. Ergänzend dazu können sie in verschiedenen Werkstätten berufspraktische Erfahrungen sammeln.
Pablo Ruiz Holtgrefe, pädagogischer Leiter der »Werkschule Löwenherz«, berichtet von großen Startschwierigkeiten und enormen Widerständen seitens der Schüler, die sich nicht »in eine Sonderschule abschieben« lassen wollten.
Inzwischen haben sich die Vorbehalte jedoch weitgehend gelegt. Ob die Schüler bessere Chancen haben, einen Ausbildungsplatz zu finden, wird die Zukunft zeigen. rb